Politiker eint, dass sie es scheuten, die notwendigen Beschränkungen zu verhängen

Der Corona-Gipfel von Bund und Ländern am Donnerstag lief überraschend zügig und fokussiert, analysiert die deutsche Presse. Die Beschlüsse hatten es in sich: Lockdown für Ungeimpfte und Planung einer Impfpflicht im neuen Jahr. Das denkt die deutsche Presse über die Maßnahmen nach Merkels letzter Ministerpräsidentenkonferenz.

Es war Angela Merkels letzte Ministerpräsidentenkonferenz. Das Resultat: Ein bundesweiter Lockdown für Ungeimpfte, Impfpflicht ab Februar, Böllerverbot an Silvester. Die Maßnahmen kommen zu spät, sagt die "Augsburger Allgemeine". Die Länder hätten auf Merkel gewartet – die wirkt am Ende ihrer Amtszeit bedrückt.

Spiegel: "Die scheidende CDU-Kanzlerin beginnt so nüchtern, wie man das von ihr gewohnt ist. Dabei dürfte die vorhergegangene Runde zu den bemerkenswertesten der unzähligen Beratungen mit den Länderchefs zählen, die Merkel in 16 Jahren absolviert hat. Und zwar nicht nur, weil danach keine mehr für sie kommt. […] In nicht einmal dreieinhalb Stunden hat sich die Runde, und zwar ohne nennenswerte Streitereien, auf teilweise "drastische Maßnahmen" (O-Ton Scholz) zur Bekämpfung der Coronakrise verständigt. Also so zügig und fokussiert, wie sich Merkel das seit Beginn der Pandemie vor gut anderthalb Jahren immer gewünscht hat.

"Kein schöner erster Gedanke am Ende von 16 Jahren Kanzlerschaft"

Welt: "Auf die Frage, wie ihr denn zumute sei an diesem Abschiedstag, antwortet die Kanzlerin: Sie würde sich wohler fühlen, wenn Deutschland Infektionszahlen hätte „wie Italien“. Kein schöner erster Gedanke am Ende von 16 Jahren Kanzlerschaft. Schon gar nicht für eine Politikerin, die sich von Beginn an für eine frühzeitigere und konsequentere Pandemiebekämpfung eingesetzt hatte – und damit nicht nur einmal an den Regierungschefs der Bundesländer scheiterte. „Also ich muss ganz ehrlich sagen, dass wir jetzt in einer so starken vierten Welle sind, das stimmt nicht froh, sondern das bedrückt mich“, wird einer ihrer letzten öffentlichen Sätze als Bundeskanzlerin sein."

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Länder warteten darauf, dass Merkel "als Mutter Courage vor die Nation treten würde"

Augsburger Allgemeine: "Die jetzigen Beschlüsse hätten mindestens vier Wochen, besser sechs Wochen eher getroffen werden müssen. Die Politiker eint, dass sie es scheuten, die notwendigen Beschränkungen der Freiheitsrechte zu verhängen. Die Länder warteten darauf, dass sich Noch-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ein letztes Mal die Bürde aufladen und als Mutter Courage vor die Nation treten würde."

Münchner Merkur: "Kein Fest mehr, kein Wirtshaus, kein Weihnachtseinkauf, kein Friseur: Für Ungeimpfte sind das knallharte Beschlüsse. Darf der Staat das? Ja, er darf zu drastischen Mitteln in einer dramatischen Lage greifen. Und er muss stärker denn je nach Impfstatus differenzieren, um ohne neuen Total-Lockdown die vierte Welle zu brechen und die Intensivstationen vor dem Kollaps zu bewahren. Kein Zweifel: Das geht über die Schmerzgrenze der Ungeimpften hinaus. Aber wir sind längst weit über der Schmerzgrenze: der Krebspatienten, deren Operationen verschoben werden; der Herzinfarktopfer, die im Krankenwagen auf dem Weg zwischen überfüllten Intensivstationen sterben. Und übrigens gibt es auch bei Lockdown-Folgen — sozial, kulturell, finanziell — Schmerzgrenzen."

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Impfpflicht ist "Resultat eines politischen Scheiterns"

Hannoversche Allgemeine Zeitung: "Hätten Bund und Länder die Energie, die sie immer wieder auf hektische Last-minute- und Lockdownmaßnahmen verwenden, besser in langfristiges Corona-Management gesteckt, bliebe uns sicher viel erspart. Dass es nun kaum einen Ausweg gibt als eine allgemeine Impfpflicht, ist zwar richtig, es ist aber auch das Resultat eines politischen Scheiterns."

Stuttgarter Zeitung: "Es ist übrigens gut möglich, dass die Beschlüsse einen solchen Druck auf Ungeimpfte ausüben, dass der Effekt nicht geringer ist, als er durch eine unkontrollierbare allgemeine Impfpflicht sein könnte. Es mag also sein, dass sich diese emotionale Frage gelassener diskutieren lässt, wenn sie im nächsten Jahr zur Entscheidung ansteht."

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