„Apotheken dürfen Händedesinfektionsmittel als Defektur herstellen!“

Am gestrigen Dienstag teilte die ABDA in einem Rundschreiben an ihre Mitgliedsorganisationen mit, dass ihrer Ansicht nach Händedesinfektionsmittel unter die Biozid-Verordnung fielen und deswegen von Apotheken nicht hergestellt werden dürften. Eine Ausnahmegenehmigung sei aber in Arbeit. Dieser Auffassung widerspricht nun das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen in einem Schreiben an die beiden dortigen Apothekerkammern. Händedesinfektionsmittel zur SARS-CoV-2 Infektionsprophylaxe seien Arzneimittel und dürften daher als Defektur hergestellt werden.

Auch die ABDA hat sich am gestrigen Dienstag in einem Rundschreiben an ihre Mitgliedsorganisationen schließlich zu der Frage geäußert, ob Apotheken angesichts der derzeitigen Knappheit Händedesinfektionsmittel herstellen dürfen oder nicht. Die Standesvertretung ist allerdings der Auffassung, dass Desinfektionsmittel für die Hände der europäischen Biozid-Verordnung unterliegen und demnach die Herstellung auf Einzelanforderung oder auf Vorrat in der Apotheke grundsätzlich nicht zulässig ist. Jedoch beabsichtige das Bundesministerium für Gesundheit, den Ländern zu empfehlen, die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln für die Hände ausnahmsweise zu gestatten, auch wenn diese nicht die Anforderungen der Biozid-VO erfüllten, da dies aufgrund einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit erforderlich sei, so die ABDA. Grundlage sei Artikel 55 der Biozid-Verordnung. 

Zudem kündigte die ABDA an, dass es eine Handlungshilfe für die Apotheken für die Herstellung der Produkte als Biozide sowie deren Kennzeichnung und Dokumentation geben wird. Diese erarbeite man derzeit und werde sie schnellstmöglich zur Verfügung stellen.

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„Händedesinfektionsmittel zur SARS-CoV-2 Infektionsprophylaxe sind Arzneimittel“

Eine gänzlich andere Auffassung vertritt das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen – darüber hat es am gestrigen Dienstag die beiden Apothekerkammern im Land informiert. In dem Schreiben, das DAZ.online vorliegt, weist das Ministerium „aus gegebenem Anlass darauf hin“, dass Händedesinfektionsmittel zwar grundsätzlich dem Biozidrecht unterlägen – allerdings nur, wenn die Produkte lediglich dazu dienen sollen, die Zahl der Mikroorganismen auf Händen zu reduzieren und das damit verbundene Risiko einer Übertragung von Mikroorganismen von potenziell kontaminierten Händen zu senken. 

Auf speziell zur SARS-CoV-2 Infektionsprophylaxe bestimmte und entsprechend gekennzeichnete Händedesinfektionsmittel findet die EU-Biozidverordnung nach Ansicht des Ministeriums jedoch keine Anwendung. Es stellt daher fest: „Bei diesen Produkten handelt es sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG.“ Diese dürften in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs als Defektur hergestellt und zulassungsfrei in den Verkehr gebracht werden. Die Herstellung erfolge entsprechend der apothekenrechtlichen Vorgaben, so das Ministerium. 

Somit sollten zumindest die Apotheken in NRW erst einmal Klarheit haben, denn das Thema Ländersache. Allerdings gibt es mittlerweile auch kaum noch Ausgangsstoffe. Hier könnte wohl tatsächlich die von der ABDA ins Spiel gebrachte Ausnahmeregelung Abhilfe schaffen. Denn nach Auffassung der Standesvertretung, wäre dann eventuell auch die Verwendung von Ausgangsstoffen, deren Qualität nicht den Anforderungen des Arzneibuchs entspricht, möglich.

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