Experte erklärt, woher Blähungen kommen und was wirklich dagegen hilft
Es rumpelt, der Bauch spannt und womöglich schmerzt er: Da hat sich wohl Luft gesammelt. Jeder Mensch kennt das Gefühl, Blähungen zu haben. Sie sind nicht nur unangenehm, weil sie ein Völlegefühl erzeugen. Pupsen ist auch verpönt: Niemand setzt sich einfach so im Großraumbüro an den Schreibtisch und lässt den Blähungen freien Lauf. Stattdessen versucht man, die Sache unauffällig auf dem Klo zu erledigen.
Blähungen sind also nicht ungewöhnlich. Jeder Mensch lässt mehrmals am Tag Luft aus dem Darm ab – im Schnitt 14 Mal am Tag. „Dabei gibt es aber große individuelle Unterschiede“, sagt Professor Dr. Thomas Frieling. Er ist Internist, Gastroenterologe und Direktor der Medizinischen Klinik II am Helios Klinikum Krefeld. „Das hängt unter anderem von der Ernährung und der Verdauung ab.“
Sehr starke Blähungen können unterschiedliche Ursachen haben
Blähende Lebensmittel sind häufig verantwortlich für übermäßig viele Darmgase. „In diesem Fall sind die Beschwerden meist vorübergehender Natur“, sagt Frieling. Das ist zum Beispiel bei Bohnen der Fall. „Die Gasmenge steigt nach dem Genuss von Bohnen von 15 Milliliter pro Stunde auf rund 170 Milliliter an.“
Wenn jemand allerdings dauerhaft unter starken Blähungen leidet, kann es dafür verschiedene Ursachen geben. Eine davon ist Stress in Kombination mit hastigem Essen, bei dem man viel Luft schluckt. Auch wer sich besonders gut zu ernähren versucht, leidet nicht selten unter vielen Gasen im Darm. „Wer viele Ballaststoffe zu sich nimmt, der neigt im Schnitt auch eher zu Blähungen“, sagt der Experte.
Ballaststoffe können zu vermehrter Gasbildung führen
Hinzu kommt, dass nicht jeder Mensch Nahrung gut verträgt, die reich an Ballaststoffen ist. Sie sind zum Beispiel in Vollkornprodukten enthalten und können vor allem dann Probleme machen, wenn man die Ernährung rapide auf viele Ballaststoffe umstellt. „Es gibt Ballaststoffe, die besser verträglich sind“, sagt Frieling. Leinsamen lassen sich beispielsweise durch Flosamen austauschen, die deutlich weniger blähen.
Auch die Art, wie man isst, kann Luft im Bauch begünstigen. „Große Mahlzeiten können Blähungen fördern“, sagt Frieling. Außerdem hilft es gegen Blähungen, nicht mehr zu spät am Abend zu essen. Rohkost am Abend vertragen viele Menschen nicht mehr so gut und sollten diese dann besser am Mittag verspeisen. Darüber hinaus hilft es, sich genügend Zeit für das Essen zu nehmen: „Wer sehr hastig isst, schluckt dabei manchmal Luft“, sagt der Experte. Sie verursacht ebenfalls Blähungen.
Treten zu den Blähungen noch andere Beschwerden auf, sollte man zum Arzt gehen
Ab wann die vermehrte Luft im Bauch einen Krankheitswert hat, lässt sich nicht genau sagen. Letztlich kommt es dabei auf den persönlichen Leidensdruck an. „Viele Menschen leben gut mit ihren Blähungen und gehen damit nicht zum Arzt“, sagt Frieling. „Dann gelten diese Blähungen auch nicht als krankhaft.“
Blähungen müssen allerdings nicht immer harmlos sein: Falls sie zusammen mit Blut im Stuhl oder anderen Stuhlveränderungen auftreten, sie sehr plötzlich entstanden sind und womöglich noch ein Gewichtsverlust oder leichtes Fieber hinzukommen, sollte man auf jeden Fall zum Arzt gehen. „Das sind Alarmsignale“, sagt Frieling. Sie können auch auf eine bösartige Erkrankung hindeuten. Deshalb sollte man solche Symptome immer medizinisch abklären lassen.
Unverträglichkeiten sind oft schwer zu diagnostizieren
Viel häufiger sind allerdings Nahrungsmittelunverträglichkeiten die Ursache für hartnäckige Blähungen. Besonders oft kommen dabei Unverträglichkeiten auf Milchzucker und Fruktose vor. „Ein Arzt kann eine solche Unverträglichkeit über einen Atemtest feststellen“, sagt Frieling. Auch der Austauschzucker Sorbit macht nicht selten Probleme bei der Verdauung.
Allerdings gibt es auch Unverträglichkeiten gegenüber diversen anderen Stoffen in Lebensmitteln, die ebenfalls Blähungen oder ein Völlegefühl verursachen können. „So etwas ist leider häufig nicht einfach zu diagnostizieren“, sagt der Experte. Auf die Schliche kommen können Patienten einer Unverträglichkeit, indem sie ein Ernährungstagebuch führen. Dabei halten sie rund einen Monat lang akribisch fest, was sie gegessen haben und ob sie danach unter Blähungen oder anderen Beschwerden gelitten haben.
Einige Hausmittel können Blähungen lindern
Manchen Menschen mit starken Blähungen oder anderen Beschwerden hilft es auch, auf Einfach- und Mehrfachzucker wie auch auf Alkohole zu verzichten, die in vielen Lebensmitteln enthalten sind. Eine solche Diät läuft unter dem Stichwort Fodmap, da mit diesen Buchstaben die Fachbegriffe für die fermentierten Zucker und Alkohole abgekürzt werden. „Bei vielen Betroffenen bessern sich die Beschwerden dabei deutlich“, sagt Frieling. Der klare Nachteil ist allerdings, dass die sogenannten Fodmaps in fast allen Lebensmitteln enthalten sind. Führt man die Diät länger durch, drohen Mangelerscheinungen. „Wichtig ist deshalb, so etwas nie alleine zu machen, sondern die Diät zeitlich begrenzt unter medizinischer Aufsicht durchzuführen“, sagt der Experte.
Wer etwas gegen seine Blähungen unternehmen möchte, sollte sich genügend Zeit zum Essen nehmen und beobachten, ob die Luft im Bauch sich besonders dann entwickelt, wenn man bestimmte Lebensmittel gegessen hat. Als Hausmittel wird Fenchel oder Kümmel häufig eine positive Wirkung gegen Blähungen nachgesagt.
Manche Medikamente wirken auf den Darm
Es wird darüber hinaus darüber spekuliert, ob eine mögliche weitere Ursache für vermehrte Luft im Bauch durch ein gestörtes Mikrobiom bedingt sein kann. In diesem Fall funktioniert das Zusammenspiel der Mikroorganismen im Darm nicht gut, weil zum Beispiel ihre Anteile ungünstig verteilt sind. Manche Menschen versuchen, gegen ihre Blähungen anzugehen, indem sie Probiotika einnehmen. Laut Frieling ist der Einfluss von Probiotika speziell auf Blähungen aber bislang noch nicht ausreichend erforscht.
Als weitere Ursache für Blähungen kommt zudem eine chronische Verstopfung infrage, gegen die zum Beispiel vermehrte Bewegung, die Einnahme von Flosamen und ausreichend Flüssigkeit helfen können. Darüber hinaus können auch Medikamente Luft im Bauch verstärken. „Das gilt zum Beispiel häufig auch für Medikamente, die den Blutdruck senken“, erläutert der Experte. Solche Medikamente sollte man allerdings nie einfach so absetzen. Besser ist es, mit seinem Arzt zu sprechen und in Absprache mit ihm auf ein anderes Mittel umzusteigen.
Selbst bei sehr starken Blähungen lässt sich allerdings nicht immer eine Ursache finden. In solchen Fällen wird häufig ein Reizdarm oder auch ein Reizmagen diagnostiziert. „An diesem Thema wird gerade ganz intensiv geforscht“, sagt Frieling. Dabei spielen unter anderem bestimmte Biomarker eine Rolle, mit denen sich verschiedene Untergruppen eines Reizdarms oder eines Reizmagens bestimmen lassen. Frieling sagt: „Wir glauben, dass in Zukunft ein Reizmagen oder ein Reizdarm deutlich besser behandelt werden kann als bisher.“ Informationen dazu und zu anderen Magen-Darm-Beschwerden bekommen Betroffene auch beim Verein Gastro-Liga.
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