Wenige Tage nach der Impfung infiziert: 94-Jährige stirbt an Covid-19
Als die 72-jährige Anita Märtin ihrer Mutter Anfang Januar im Pflegeheim besuchte, war sie noch voller Hoffnung. Die 95 Jahre alte Dame war wenige Tage zuvor gegen Corona geimpft worden.
Märtins Optimismus ist längst verflogen. Nur elf Tage nach dem Besuch ihrer Tochter wurde die Seniorin nach einem Kreislaufkollaps ins nächstgelegene Krankenhaus eingeliefert. Der obligatorische Coronatest war positiv, trotz der Impfung. Wenig später verstarb die Frau, wie die "Stuttgarter Nachrichten" berichten.
"Long Covid"
Nach der Corona- Erkrankung war sie monatelang geschwächt: "Als würde ich durch einen Schwamm atmen"
Zu spät geimpft
Die Impfung war zu spät gekommen, um noch eine Schutzwirkung zu entfalten. Der behandelnde Arzt machte Ingeborg Märtin sofort klar, dass sie die zweite Impfung nicht mehr wahrnehmen können würde. Es ginge ihr zu schlecht dafür.
Jedoch ging es der Seniorin nicht schlecht genug, um Besuch von ihren Angehörigen zu erhalten. Der sei auf der Coronastation nur in der Sterbephase erlaubt, wie Anita Märtin den "Stuttgarter Nachrichten" berichtet: "Meine Mutter musste die ihr noch bewusste und somit schlimmste Leidensphase ganz alleine durchstehen."
„Warum lasst ihr mich so lange alleine?“
Anita Märtin wollte ihre Mutter anrufen und ihr Mut zusprechen – wenn sie sie schon nicht besuchen durfte. Doch das Telefon war gestört, es gab kein Durchkommen zu ihrer Mutter. Erst nach zehn Tagen war das Problem behoben. Bis dahin habe sich die 72-jährige unsagbar hilflos und ausgesperrt gefühlt, wie sie den "Stuttgarter Nachrichten" verriet.
Als das Problem behoben war, hielt eine Schwester der kranken Frau den Telefonhörer ans Ohr. Im Gespräch fragte die alte Frau ihre Tochter "Warum lasst ihr mich solange alleine?" Es gehe ihr sehr schlecht. "Ich warte auf dich", habe die fast 95-Jährige ins Telefon gesagt. Es waren die letzten Worte, die Anita Märtin von ihrer Mutter hörte. Als sie sie am nächsten Tag endlich besuchen durfte, konnte ihre Mutter nicht mehr sprechen.
Bedrückende Last
In Schutzkleidung durfte Anita Märtin ans Bett ihrer Mutter treten. Sie glaube nicht, dass sie sie noch erkannt hätte, erzählt sie den "Stuttgarter Nachrichten". Ihre Mutter habe trotz der Sauerstoffmaske im Gesicht nach Luft gerungen und reagierte nicht mehr. Zwei Tage später starb sie an den Folgen ihrer Corona-Erkrankung. Zuvor hatte ihre jüngere Tochter es noch geschafft sie zu besuchen. Ihr Sohn und ihr Bruder schafften es nicht mehr sich zu verabschieden. An ihrem 95. Geburtstag erschien Ingeborg Märtins Traueranzeige in der Zeitung. Wäre sie früher geimpft worden, hätte sie diesen Geburtstag vielleicht noch erlebt.
Quelle:"Stuttgarter Nachrichten"
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