Sars-CoV-2 modelliert: Langfristig wird Covid-19 nicht gefährlicher sein als Erkältung

Diese Nachricht aus den USA macht Hoffnung: Forscher gehen davon aus, dass das inzwischen nicht mehr ganz so neue Coronavirus, wenn es langfristig unter Menschen zirkuliert, keine besondere Gefahr mehr darstellt – so wie die bereits existierenden vier Coronaviren.

Es scheint zwar kaum zu glauben, aber eines Tages könnte das Coronavirus Sars-CoV-2, das uns allen gerade das Leben so schwer macht, tatsächlich seinen Schrecken verlieren. Natürlich wird es sich nicht einfach in Luft auflösen – und die Impfungen werden es auch nicht komplett auslöschen können. Aber es könnte den vier anderen bereits existierenden Coronaviren immer ähnlicher werden – was bedeuten würde, dass es irgendwann nicht viel gefährlicher wäre als eine Erkältung.

Vier Coronaviren zirkulieren schon seit längerer Zeit

Das jedenfalls prognostiziert ein US-amerikanisches Forscherteam um die Infektiologin Jennie Lavine von der Emory University in Altanta. Sie haben sich die vier endemischen humanen Coronaviren (HCoV), die so kryptische Namen tragen wie NL63, OC43, 229E und HKU1, im Rahmen einer Studie, die jetzt im Fachmagazin „Science“ erschienen ist, genauer angesehen. Als „endemisch“ werden beispielsweise Krankheiten bezeichnet, die dauerhaft gehäuft in einer begrenzten Region oder einer Population vorkommen.

Die vier humanen Coronaviren zirkulieren bereits seit längerer Zeit weltweit und sind dafür bekannt, regelmäßig Epidemien zu verursachen, die vor allem Kleinkinder betreffen. Aber auch für Menschen mit einem schwachem Immunsystem können sie problematisch sein. Das Robert-Koch-Institut schreibt über sie: „Sie verursachen vorwiegend milde Erkältungskrankheiten, können aber mitunter schwere Pneumonien hervorrufen, vor allem im frühen Kindesalter sowie bei alten und immungeschwächten Menschen.“

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Lebenslange Teilimmunität nach erster Infektion

Wer sich einmal mit einem dieser Coronaviren infiziert habe, was nach den Auswertungen der US-amerikanischen Forscher im Alter zwischen drei und fünf Jahren das erste Mal passiert, könne sich zwar später im Leben wieder anstecken, sei aber meist vor schweren Krankheitsverläufen geschützt. Die Infektionen hinterließen demnach nur eine kurzzeitige vollständige („sterilisierende“) Immunität.

So hat auch eine frühere experimentelle Studie aus dem Jahr 1990 mit dem Coronavirus 229E gezeigt, dass sich einmal Infizierte bereits ein Jahr später wieder mit dem Erreger anstecken konnten. Zu diesem Zeitpunkt war es zu einem Abfall der Antikörpertiter gekommen, wie er sich nach bisherigem Wissensstand auch nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 andeutet. Die gute Nachricht dabei: Eine erneute Infektion führte in der experimentellen Studie nur zu einer verkürzten Virusausscheidung und die Teilnehmer blieben asymptomatisch.

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  • Auch im Alter haben die meisten Menschen noch IgG-Antikörper

    Lavine und ihr Team gehen dabei von einer lebenslangen Teilimmunität aus, die die Menschen nach einer Erstinfektion mit einem der vier älteren Coronaviren erworben haben. Sie könnte auch durch die erneute Exposition mit den Viren während der häufigen Epidemien geboostet werden.

    Lavine unterfüttert ihre These mit der hohen Sero­prävalenz gegen die vier Coronaviren in der Bevölkerung – als Seroprävalenz bezeichnet man die Häufigkeit spezifischer Antikörper im Blutserum, die auf eine bestehende oder durchgemachte Infektionskrankheit hinweisen. Mithin wiesen die meisten Menschen auch im Alter IgG-Antikörper gegen die vier Coronaviren auf. Dagegen waren die IgM-Antikörper, die nur zu Beginn einer Infektion gebildet werden, in den Seroprävalenzstudien nicht zu finden. Dies beweise, dass nur wenige ältere Menschen tatsächlich erkranken, erklärt Lavine.

    Die älteren Menschen könnten sich allerdings mit den Viren infizieren und diese dann „unbemerkt“ an Kinder weitergeben. Denn ohne die Beteiligung der älteren Menschen an der Epidemie wäre auch die hohe Ansteckungsrate und der frühe Erkrankungsbeginn bei den Säuglingen und Kleinkindern nicht zu erklären, argumentiert die US-Forscherin.

    Auch Sars-CoV-2 könnte sich zu endemischem Erreger entwickeln

    Schließlich vermuten Lavine und ihr Team, dass die Immunität gegen Sars-CoV-2 der gegen die anderen Coronaviren ähnlich sei und sich Sars-CoV-2 damit über die Jahre genauso zu einem endemischen Erreger entwickeln wird. In dem Fall würden irgendwann auch Impfungen gegen das neuartige Coronavirus obsolet – wegen der Teilimmunität der älteren Bevölkerungsgruppen würde es kaum noch zu schweren Erkrankungen und Todesfällen kommen.

    Sars-CoV-2 sei aktuell nur deshalb eine solche Bedrohung für Erwachsene, weil es ein ungewohnter Erreger ist und das Immunsystem von Erwachsenen schlicht nicht darauf trainiert ist, ihn zu bekämpfen. Kinder hingegen würden ständig von Erregern herausgefordert, die für ihren Körper neu sind, und das sei auch der Grund, warum sie das Coronavirus besser abwehren können als Erwachsene.

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    Letztendlich, so das Fazit der Studie, wird das Virus eines Tages nur noch bei Kindern unter fünf Jahren von Belang sein und selbst bei ihnen nur zu einem Schnupfen führen – oder zu gar keinen Symptomen. „Wie lange es dauert, bis sich das Virus zu einem endemischen entwickelt, hängt aber davon ab, wie schnell es sich verbreitet“, erklärte Lavine gegenüber der „New York Times“. „Deshalb kommt es jetzt vor allem darauf an, so schnell wie möglich gegen Sars-CoV-2 zu impfen.“

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