Kann ich mich früher impfen lassen? Fünf Dinge, die du vor dem Booster wissen solltest
Virologen, Immunologen und Politiker rufen zur Drittimpfung auf. Doch wer braucht die überhaupt? Und ab wann kann ich meine Impfung auffrischen lassen? Gemeinsam mit Virologe Martin Stürmer klärt FOCUS Online die wichtigsten Punkte, die Sie vor der Booster-Impfung wissen sollten.
Sie ist der „Rettungsanker für den Übertragungsschutz“, „eine Art Superschutz“: Virologen, Immunologen und auch Politikern werben dieser Tage laut für die Booster-Impfung. Die dritte Dosis soll den Impfschutz bei Geimpften verstärken und sie weiterhin vor schweren Verläufen bewahren. FOCUS Online erklärt, was Sie wissen müssen, bevor Sie einen Termin machen.
1. Wer sollte sich ein drittes Mal impfen lassen?
Bislang empfiehlt die Ständige Impfkommission fünf Gruppen die Booster-Dosis:
- für Menschen über 70 Jahre,
- für Risikopatienten mit stark geschwächtem Immunsystem,
- für Bewohnerinnen und Bewohner sowie Fachkräfte in Pflegeeinrichtungen,
- für Mitarbeitende in medizinischen Einrichtungen mit direktem Patientenkontakt sowie
- für Menschen, die den Johnson & Johnson-Impfstoff bekommen haben.
Letzteren empfiehlt die Stiko unabhängig von ihrem Alter und möglicher Immunschwächen eine Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-Impfstoff ab vier Wochen nach ihrer Erstimpfung. Sie gelten als deutlich wirksamer als der Vektorimpfstoff. Den Schutz nach der Einmalimpfung mit dem Johnson & Johnson-Impfstoff hatte die Stiko als „ungenügend“ bezeichnet.
„Diese Gruppen sollten sich in jedem Fall ein drittes Mal impfen lassen“, sagt auch Virologe Martin Stürmer im Gespräch mit FOCUS Online. Das oberste Ziel sei es, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet würde. Alle, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf hätten, sollten ihren Impfschutz also auffrischen. „Und ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen“, sagt Stürmer.
Zur Person
Martin Stürmer ist Virologe und Lehrbeauftragter für Virologe an der Universität Frankfurt. Zudem leitet er ein privates Labor für interdisziplinäre Medizin und Diagnostik.
Ihm zufolge sollte sich noch eine weitere Gruppe ein drittes Mal impfen lassen: Alle Menschen, die beruflich viele Kontakte haben. „Da reicht das medizinische und Pflege-Personal nicht aus“, so der Virologe. „Wir können nicht noch ein Jahr lang unsere Kontakte beschränken. Also müssen wir unsere Kontakte sicherer machen.“
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2. Wann sollte ich mir die dritte Dosis abholen?
Die Ständige Impfkommission empfiehlt, die dritte Impfung frühestens sechs Monate nach der zweiten, unabhängig vom Impfstoff. Laut Stürmer ist es nach heutigem Forschungsstand auch nicht nötig, den Impfschutz früher aufzufrischen.
Die Zulassungsstudien der Impfstoffhersteller, welche auch dann weiterliefen, als die Impfungen bereits verabreicht wurden, hätten das verdeutlicht. „Da zeigten die Vakzine auch nach sechs Monaten noch Wirksamkeit“, sagt er. Erst dann, zwischen einem halben und einem Jahr nach der zweiten Impfung, lässt der Impfschutz allmählich nach. Auch Biontech-Chef Ugur Sahin sagte unlängst der „Bild am Sonntag“, dass die Wirksamkeit ab dem siebten, achten oder neunten Monat abnehmen könne.
3. Kann ich mich zu früh drittimpfen lassen?
Laut Virologe Stürmer besteht in der Regel keine Gefahr, dass Personen bei einer früheren Drittimpfung gesundheitliche Schäden davontragen. „Natürlich sollte sich niemand zwei oder drei Wochen nach der zweiten Impfung gleich nochmal impfen lassen. Aber etwa nach fünf Monaten muss niemand mehr eine überschießende Immunreaktion fürchten“, erklärt er. In Israel seien beispielsweise zahlreiche Menschen bereits fünf Monate nach der Zweitimpfung ein drittes Mal immunisiert worden.
„Wurde jetzt jemand hierzulande beispielsweise im Juli geimpft und würde normalerweise im Januar seinen Booster bekommen, dann kann derjenige sich sicher auch schon im Dezember um einen Termin bemühen. Da machen ein paar Wochen keinen großen Unterschied“, erklärt er. Ob er die dritte Dosis dann aber tatsächlich vor Ablauf der sechs Monate bekomme, müsse der Impfarzt oder Hausarzt entscheiden.
4. Mit welchem Impfstoff sollte ich mich drittimpfen lassen?
Die Stiko empfiehlt: „Bei mRNA-Impfstoffen soll möglichst der bei der Grundimmunisierung verwendete Impfstoff zur Anwendung kommen.“ Manche Experten empfehlen bei der Booster-Impfung hingegen einen anderen Impfstoff zu verwenden als bei Erst- und Zweitimpfung. So schreibt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach auf Twitter: „Wechseln wirkt am besten!“
- Wer zuerst mit Biontech geimpft worden ist, sollte demnach bei der dritten Dosis auf Moderna setzen.
- Wer zunächst zwei Dosen Moderna bekommen hat, wiederum auf Biontech.
- Johnson & Johnson-Geimpften rät Lauterbach zur Auffrischungsimpfung mit Moderna.
Der Politiker und studierte Mediziner bezieht sich dabei auf Daten des amerikanischen Biochemikers Rob Swandacher. Er hat eine Tabelle veröffentlicht, in der die verschiedenen, aus seiner Sicht empfehlenswertesten Kombinationen dargestellt sind – auf Basis einer Studie mit 458 Probanden und deren jeweils erreichten Antikörperspiegeln. Astrazeneca kommt in der Auswertung nicht vor, da der Impfstoff in den USA nicht zugelassen ist und entsprechend nicht verimpft wird.
Auch wenn die Studie einen Wechsel nahelegt, sprach sich das Gesundheitsministerium ebenfalls gegen einen Wechsel aus. So würden alle Auffrischungsimpfungen beziehungsweise zusätzliche Impfungen mit einer einmaligen Impfstoffdosis mit einem mRNA-Impfstoff durchgeführt, unabhängig davon, mit welchem Impfstoff die erste Impfserie durchgeführt wurde. Sowohl der Impfstoff von Biontech/Pfizer als auch von Moderna schütze zuverlässig vor einem schweren Verlauf.
- Lesen Sie mehr zur Studie: Moderna oder Biontech als Booster? Welcher Impfstoff bei wem am besten wirkt
5. Welche Nebenwirkungen gibt es bei der dritten Dosis?
Die Nebenwirkungen nach der dritten Impfung sind in der Regel ähnlich zu denen nach der zweiten. Wie etwa Impfstoff-Hersteller Pfizer (Biontech) erklärte, stimme das Nebenwirkungsprofil bei der Drittimpfung „im Allgemeinen mit anderen klinischen Sicherheitsdaten für den Impfstoff überein, ohne dass Sicherheitsbedenken festgestellt wurden“.
Das bestätigt auch eine Befragung aus Israel, über die das „ZDF“ berichtet. Seit Ende Juli haben dort alle Menschen über 60 Jahren, seit Ende August sogar alle über zwölf Jahren, die Möglichkeit, sich ein drittes Mal impfen zu lassen. Mittlerweile haben mehr als vier der rund neun Millionen Israelis eine dritte Dosis erhalten. Nach der dritten Impfung sollen sogar weniger negative Begleiterscheinungen aufgetreten sein als nach den ersten beiden.
Allerdings sind die Daten aus Israel gesondert zu bewerten, da dort lediglich der Biontech-Impfstoff verabreicht wurde. In den USA hingegen impften Ärzte Biontech und Moderna. Daten, welche die US-Seuchenschutzbehörde (CDC) Ende September veröffentlichte, zeigen die häufigsten Impfreaktionen nach der dritten Impfung.
Von den insgesamt 12.591 Drittgeimpften bemerkten
- 71 Prozent Schmerzen an der Einstichstelle,
- 56 Prozent Erschöpfung und
- 43,4 Prozent Kopfschmerzen.
Die Schmerzen verliefen bei 51 Prozent der Probanden mild und bei 41,9 Prozent moderat. Lediglich 6,7 Prozent klagten über so starke Schmerzen, dass sie ihren Alltag gar nicht oder nur eingeschränkt bewältigen konnten. Unter den Teilnehmern der Studie waren sowohl Menschen, die entweder nur mit dem Biontech/Pfizer- oder nur mit dem Moderna-Impfstoff geimpft wurden.
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