Das zweite Gesicht der Windpocken: Was bringt die Impfung gegen Gürtelrose?

Herpes Zoster: Was die Gürtelrose-Impfung bringt

Etwa jeder fünfte Mensch erkrankt in seinem Leben an Gürtelrose (medizinischer Fachbegriff: Herpes Zoster), besonders oft trifft es ältere Menschen. Gesundheitsexperten raten dazu, die Erkrankung möglichst schnell zu behandeln. Noch besser ist vorzubeugen. Dafür steht eine Impfung zur Verfügung. Experten erklären, was diese bringt.

Jeder Fünfte erkrankt

Die Gürtelrose (Herpes Zoster) ist eine Erkrankung, die durch das Virus ausgelöst wird, das auch Windpocken verursacht: Varizella Zoster kann Jahrzehnte im Nervensystem schlummern. Alter, Stress und Krankheiten können den Erreger reaktivieren und Gürtelrose auslösen, sichtbar am Hautausschlag. Etwa jeder Fünfte erkrankt in seinem Leben an dieser Infektionskrankheit, die vor allem bei älteren Menschen oder bei Patienten mit einem geschwächten Immunsystem auftritt. Stress oder schwere Krankheiten begünstigen sie auch bei Jüngeren. Mittlerweile sind hierzulande zwei Impfstoffe gegen Gürtelrose zugelassen. Die Stiftung Warentest erläutert auf „test.de“, wie Impfexperten sie einschätzen.

In Deutschland stehen zwei Impfstoffe gegen Gürtelrose (Herpes Zoster) zur Verfügung. Nur einer wird empfohlen. (Bild: sharryfoto/fotolia.com)

Normalerweise verheilt die Gürtelrose innerhalb weniger Wochen

Ein plötzlich brennender Schmerz – meist zwischen Taille und Brust, manchmal auch im Gesicht, am Ohr oder Auge: So kündigt sich eine Gürtelrose normalerweise an. Wenige Tage später überzieht dann ein meist bandförmiger Ausschlag die immer heftiger schmerzende Körperstelle.

In der Regel verheilt eine Gürtelrose in vier bis sechs Wochen. Doch jeder Zehnte leidet danach unter chronischen Nervenschmerzen.

Mediziner sprechen von postherpetischer Neuralgie. Die Schmerzen können Betroffene Monate, Jahre oder ein Leben lang quälen.

Wie gefährlich ist die Erkrankung?

Gürtelrose ist normalerweise nicht ansteckend. Die Erkrankung bricht aus, wenn das Immunsystem des Einzelnen schwächelt.

Den Erreger tragen Betroffene längst im Körper. Verantwortlich ist das Windpocken-Virus, Varizella Zoster, das sich nach überstandener Krankheit in den Nerven von Rückenmark und Gehirn festsetzt.

Dort schlummert es in vielfacher Kopie oft Jahrzehnte. Wenn die Abwehr nachlässt, kann es wieder aktiv werden. Dann zeigt es sich in seinem zweiten Erscheinungsbild – als Gürtelrose.

Ansteckend ist Herpes Zoster nur für diejenigen, die noch keine Windpocken durchgemacht haben: etwa fünf Prozent der Deutschen.

Diese Personen können sich am Sekret infizieren, das die Bläschen der Gürtelrose freisetzen – jedoch nur bei direktem Kontakt. Die Infektion führt dann nicht zum Herpes Zoster, sondern zu Windpocken.

Wer die Kinderkrankheit einmal hatte, muss sich vor Windpockenpatienten nicht fürchten. Im Gegenteil: Laut Stiftung Warentest zeigen Studien, dass Kontakte mit ihnen das Immunsystem trainieren und vor Gürtelrose schützen können.

Antidepressiva können helfen

Bei Verdacht auf Gürtelrose sollten Betroffene sofort zum Arzt. Dieser wird gegebenenfalls antivirale Medikamente verordnen.

Zur Behandlung des Hautausschlags werden unter anderem Puder und Cremes eingesetzt.

Zudem müssen die Schmerzen gelindert werden, damit sie nicht chronisch werden.

„Zum Einsatz kommen nicht nur übliche Schmerzmittel sondern auch Mittel gegen Depressionen. Sie werden jedoch niedriger dosiert als bei depressiven Erkrankungen“, schreibt der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) auf seiner Webseite „Internisten im Netz“.

Außerdem stehen spezielle Pflaster und Epilepsiemittel zur Behandlung zur Verfügung.

Impfstoffe gegen Herpes Zoster

Derzeit sind in Deutschland zwei Impfstoffe gegen Gürtelrose auf dem Markt verfügbar: Zostavax und Shingrix. Letzterer ist erst seit 2018 zugelassen und gehört zu den sogenannten Totimpfstoffen. Er enthält bestimmte Proteine des Varicella-Zoster-Virus, die nicht mehr aktiv sind.

Zwar liegt für den neuen Impfstoff noch keine Bewertung der Stiftung Warentest vor, aber eine Einschätzung der Ständigen Impfkommission (STIKO). Sie empfiehlt allen Menschen ab 60 Jahren, sich mit dem neueren Präparat impfen zu lassen.

Empfohlen wird die Impfung auch für alle Personen ab 50 Jahren, deren Immunsystem durch Krankheit oder Behandlung geschwächt ist, erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) auf dem Portal „impfen-info.de“.

Gleiches gilt demnach für alle Personen ab 50 Jahren mit Grunderkrankungen wie Diabetes, rheumatoider Arthritis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung bzw. Raucherlunge) und Asthma.

Empfehlung nur für einen Impfstoff

Die STIKO empfiehlt im Epidemiologischen Bulletin Dezember 2018 ausschließlich Shingrix – allerdings abhängig von Alter und Vorerkrankungen.

Die Experten attestieren diesem Impfstoff insgesamt eine gute Wirksamkeit. Sie liege für den Schutz gegen Gürtelrose bei Menschen ab 50 Jahre bei 92 Prozent und für den Schutz vor chronischen Nervenschmerzen bei 82 Prozent.

Der Schutz nehme mit zunehmendem Alter leicht ab. Die STIKO stuft ihn für über 70-Jährige noch auf etwa 90 Prozent ein.

Im Epidemiologischen Bulletin vom September 2017 empfiehlt die STIKO den älteren Impfstoff Zostavax nicht als Standardimpfung – aufgrund „eingeschränkter Wirksamkeit“ und „begrenzter Wirkdauer“.

Die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest sind von Zostavax ebenfalls nicht überzeugt.

Zwar stellten sie fest, dass Zostavax gut zwei Drittel der Gürtelrose-Erkrankungen bei 50- bis 59-Jährigen verhindern könne und auch das Risiko für schwere Verläufe senke, aber bei älteren Menschen wirke er schlechter.

Das ist ernüchternd, da Gürtelrose im hohen Alter öfter und häufig mit Komplikationen auftritt.

Schwere Nebenwirkungen möglich

Nach einer Impfung mit Shingrix treten seltener und weniger schlimme Nebenwirkungen auf als nach der Impfung mit Zostavax. Die STIKO erklärt, dass die Zulassungsstudien für Shingrix keine Hinweise auf schwere Nebenwirkungen ergeben hätten.

Leichtere Nebenwirkungen seien möglich, die etwa ein bis zwei Tage anhalten könnten: Bei etwa jedem zehnten Patienten könne es demnach zu Rötungen, Schmerzen oder Schwellungen an der Einstichstelle kommen oder auch zu Fieber, Müdigkeit, Muskel- und Kopfschmerzen.

Dagegen treten nach einer Impfung mit Zostavax diese leichte Nebenwirkungen bereits bei etwa jedem Zweiten auf und bei zehn bis 100 von 1000 Geimpften auch leichtere allergische Reaktionen.

In Einzelfällen sind schwere allergische Reaktionen mit Herzrasen, Atemnot und Schwindel beobachtet worden.

Laut der Stiftung Warentest sieht alles danach aus, dass die Gesetzlichen Krankenkassen die Impfung gegen Gürtelrose in naher Zukunft zahlen werden – allerdings nur mit dem Impfstoff Shingrix.

Manche Krankenkassen übernehmen diese Kosten schon jetzt. (ad)

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