Berchtesgaden ist seit 3 Monaten im längsten Lockdown Deutschlands – doch der wirkt kaum

Im Berchtesgadener Land leben die Menschen seit drei Monaten im Ausnahmezustand. Der Lockdown scheint kaum zu wirken. Zwar sank die Inzidenz dort nun auf unter 200 – der angestrebte Wert von 50 ist jedoch in weiter Ferne. Ein Erklärungsversuch.

Die „Daumenschrauben“ müssten jetzt angezogen werden, sagte Landrat Bernhard Kern (CSU), als im Oktober die Corona-Zahlen im Berchtesgadener Land steil nach oben stiegen. Aufgrund einer Inzidenz von 272,8 entschloss sich der Landkreis am 20. Oktober 2020 dazu, ein Maßnahmenpaket umzusetzen, „das einem Lockdown entspricht“.

Es gab Ausgangsbeschränkungen, Schulen und Kitas mussten schließen. Restaurants blieben zu, Veranstaltungen wurden verboten. „Anders geht es nicht“, so Ministerpräsident Markus Söder im Oktober.

Vorerst sollte der Lockdown für 14 Tage gelten – nun sind es auf den Tag genau drei Monate. Der Lockdown wurde verlängert, ging übergangslos in den deutschlandweiten über.

Inzidenzen im Januar auf Rekordhoch

Der angestrebte Inzidenzwert von 50 liegt in weiter Ferne. Den Höhepunkt erreichte der Landkreis am 9. Januar mit einer 7-Tage-Inzidenz von 348. Über den Dezember war die Inzidenz teilweise auf bis zu 110 gesunken – allerdings spielen hier wohl die Meldeverzögerungen der Weihnachtsfeiertage eine Rolle.

Am Dienstag meldete der Landkreis nun zwar eine Inzidenz von unter 200. Diese liegt laut RKI bei 183,1, Berchtesgaden gilt also mit dem heutigen Tag nicht mehr als Hotspot.

Unklar ist aber, ob die Region diesen Wert halten beziehungsweise weiter drücken kann. Bislang war der Landkreis von der 15-Kilometer-Regel betroffen, Anwohner durften sich nur in diesem Radius vom Ort wegbewegen.

Am Montagabend meldete der Landkreis 21 neue Covid-19-Fälle, davon waren zwei Personen direkte Kontaktpersonen in häuslicher Isolation. Das RKI gab am Dienstagmorgen 26 weitere Fälle bekannt, zudem einen neuen Todesfall. Damit klettert die Gesamtzahl der seit März 2020 registrierten Covid-19-Fälle im Landkreis Berchtesgadener Land auf 3.533, die der Todesfälle auf 77.

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Landrat vermutet fehlende Akzeptanz der Bevölkerung

Warum die Zahlen im Berchtesgadener Land trotz des Lockdown-Vorsprungs nicht deutlicher sinken, kann sich niemand so recht erklären. Landrat Bernhard Kern vermutet, dass einige ihr Leben einfach so weiterlebten, wie vor der Pandemie. Das sagte Kern dem „Bayerischen Rundfunk“ (BR). „Vielleicht ist doch der eine oder andere dabei, der sagt: Ich will das gar nicht wissen!“, so der Landrat.

Peter Kneffel/dpa Landrat Bernhard Kern im Oktober 2020 bei Verkündung des Lockdowns.  

Zu Beginn des Lockdowns im Oktober hatten Gastronomen und andere Betroffene gegen die strengen Corona-Maßnahmen im oberbayerischen Landkreis Berchtesgadener Land geklagt und versucht, die Schließungen mittels Eilanträgen zu verhindern.

Echte Hotspots gibt es laut Kern im Landkreis nicht. Diese Erklärungsmöglichkeit schließt der Landrat also aus. Stattdessen vermutet er hinter den hohen Zahlen ein weiteres Problem: Manche Menschen seien nachlässig mit dem Mund-Nasen-Schutz.

Auch der Tourismus ist im Berchtesgadener Land stillgelegt. Vereinzelt kommt es dennoch zu Vorfällen, bei denen sich Personen nicht an die Regeln halten.

So musste die Polizei in den Weihnachtsferien etwa eine Gruppe von 50 Skitourengehern aufhalten, die aus Österreich gekommen waren. Wer die Grenze überquere, müsse sich zunächst in Quarantäne begeben, erklärte ein Polizeisprecher. Seit dem 12. Januar sind touristische Ausflüge in den Landkreis explizit verboten.

Patienten werden auf Krankenhäuser in anderen Landkreisen verlegt

Stand Dienstag befinden sich vier Covid-Patienten auf der Intensivstation der Kreisklinik Bad Reichenhall, zwei werden invasiv beatmet. Rund 50 Patienten mit Sars-CoV-2-Infektion werden dort insgesamt behandelt. Frei sind auf den Intensivstationen demnach nur noch drei Betten.

Um dennoch eine Notversorgung sicherzustellen, werden seit vergangener Woche Patienten in andere Krankenhäuser verlegt, in umliegende Landkreise. Dem „BR“ erklärte Chefarzt Christian Geltner, er wisse noch nicht, wie er auf die neuen Mutationen und Virusvarianten reagieren solle. „Ich gehe davon aus, dass wir die hier längst schon haben“, so der Mediziner. „Die Verläufe sind ja – so viel wir wissen – nicht schwerer als die anderen.“ Wenn, dann sei es ein Problem der Menge an Patienten, die möglicherweise kommen könnte – und dass man dadurch wieder wesentlich mehr Betten bräuchte.

Landrat Kern: „Es hat sich gelohnt“

Mit einer aktuellen 7-Tage-Inzidenz von 183,1 rückt die angestrebte Normalität zwar ein Stückchen näher – dauern wird es aber weiterhin. Immerhin liegt auch die bundesweite Inzidenz aktuell bei 123,5, bis mindestens Mitte Februar hält der Ausnahmezustand in ganz Deutschland an.

Gelohnt hat sich der monatelange Lockdown im Berchtesgadener Land trotzdem – das sagt zumindest Kern. „Ja, es hat sich gelohnt! Wo wären wir hingekommen, wenn die Zahlen noch weiter nach oben gegangen wären? Mein Ziel ist es, dass wir endlich unter 200 kommen und im Berchtesgadener Land wieder etwas mehr Freiheit bekommen“, sagte er dem BR.

Der erste Schritt ist nun getan. Die Inzidenz liegt heute unter 200. Wie lange sie dort bleibt, wann die Bürger wieder „etwas mehr Freiheit“ bekommen, das bleibt abzuwarten.

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