Wenn die Impfpflicht kommt müssen 600.000 Deutsche gegen Masern geimpft werden
Impfpflicht: Über eine halbe Million Deutsche müssten gegen Masern geimpft werden
Nach den Plänen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) sollen in Zukunft alle Kita- und Schulkinder sowie bestimmte Berufsgruppen wie Erzieher oder Lehrer gegen Masern geimpft werden. Wenn die Impfpflicht wirklich kommt, müssten wohl weit mehr als eine halbe Millionen Menschen in Deutschland nachträglich geimpft werden.
Eine der ansteckendsten Infektionskrankheiten
„Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten des Menschen. Sie bringen hohe Raten an Komplikationen und Folgeerkrankungen mit sich“: diese Sätze leiten den „Entwurf eines Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention“ ein. Mit diesem Gesetz will das Bundesgesundheitsministerium die Masern-Impfpflicht durchsetzen. Wenn diese wirklich kommt, müssten weit über eine halbe Million Bundesbürger nachträglich geimpft werden.
Erforderliche Impfraten in Deutschland werden nicht erreicht
Bei Masern handelt es sich – anders als vielfach angenommen – keinesfalls um eine harmlose Krankheit. Die Erkrankung kann im Extremfall tödlich enden. Doch es gibt Möglichkeiten, sich zu schützen.
Wie das Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) schreibt, stehen zur Prävention gut verträgliche hochwirksame Impfstoffe zur Verfügung, die eine langfristige Immunität vermitteln.
Doch: „Um die Zirkulation von Masern zu verhindern, sind Impfraten von mehr als 95 % erforderlich. Diese werden in Deutschland nicht erreicht“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
„Impfungen entfalten nicht nur für das Individuum Schutz gegen die Erkrankung. Impfungen verhindern gleichzeitig die Weiterverbreitung der Krankheit in der Bevölkerung, wenn die erreichte Durchimpfungsrate hoch genug ist (Herdenimmunität).“
Sich darauf zu verlassen, dass sich genügend Menschen impfen lassen, reiche nicht aus: „Die Freiwilligkeit der Impfentscheidung muss für bestimmte Personengruppen aufgehoben werden, um eine höhere Durchimpfungsrate zu erreichen“.
Denn: „Eine Nichtimpfung bedeutet nicht nur eine erhebliche Gefahr für das körperliche Wohlergehen des Nichtgeimpften, sondern auch ein Risiko für andere Personen, die z.B. aufgrund ihres Alters oder besonderer gesundheitlicher Einschränkungen nicht geimpft werden können.“
Daher soll nun die Masern-Impfpflicht für Kinder und bestimmte Berufsgruppen kommen.
Hohe Bußgelder und Kindergarten-Ausschluss
Der Referentenentwurf des BMG sieht vor, dass alle Kinder beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten beide, von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen müssen.
Gleiches gilt für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten oder Kontakt zu den Kindern haben: Erzieher, Lehrer und medizinisches Personal, erklärt das Ministerium in einer Mitteilung.
Eltern, die ihre schulpflichtigen Kinder nicht impfen lassen, werden laut dem BMG künftig eine Ordnungswidrigkeit begehen und müssen mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen.
Nichtgeimpfte Kinder können vom Besuch des Kindergartens ausgeschlossen werden. Das Bußgeld kann auch gegen Kindergärten und Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen.
Ziel des Gesetzes ist eine deutliche Steigerung der Durchimpfungsraten, um auf diesem Wege die Ausrottung der Masern in Deutschland erreichen zu können.
Etwa 600.000 Menschen müssten sich impfen lassen
Medienberichten zufolge will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Masern-Schutzimpfung zum März 2020 zur Pflicht machen.
Wenn es tatsächlich dazu kommt, müssten sich rund 600.000 Menschen nachträglich impfen lassen.
Laut einem Bericht der „Bild“ sind dies rund 361.000 nicht geimpfte Kinder in Kitas und Schulen, sowie rund 220.000 Angestellte dort und in Einrichtungen wie Krankenhäusern und Arztpraxen.
Gesundheitsminister verteidigt sein Vorhaben
Seitdem der Plan des Gesundheitsministeriums bekannt wurde, hagelt es massenhaft Kritik. Vor allem die Strafmaßnahmen halten viele für überzogen. Doch Gesundheitsminister Spahn verteidigte sein Vorhaben.
Am Sonntagabend erklärte er in den ARD-“Tagesthemen“, es sei eine Frage des allgemeinen Gesundheitsschutzes. Die nötigen Impfquoten seien trotz intensiver Aufklärung nicht erreicht worden.
Zudem wies der CDU-Politiker den Vorwurf zurück, dass der Gesetzentwurf Erwachsene ignoriere, die nicht ausreichend geimpft seien. Der Minister setze darauf, dass die Debatte das Bewusstsein schärfe.
„Gleichzeitig regeln wir, dass Erzieherinnen, Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Personal in Krankenhäusern, in öffentlichen Gemeinschaftseinrichtungen, geimpft werden müssen.“
Anders als die oppositionellen Grünen, unterstützt der Koalitionspartner SPD die Pläne. So schrieb SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach auf Twitter:
„Die Impfpflicht gegen Masern ist richtig und Spahns Vorschlag entspricht dem, was eine gemeinsame Grundlage für ein Gesetz sein könnte. Ohne diesen Schritt besiegen wir Masern nicht mehr. Alles andere würde nur Zeit und Opfer kosten.“
Ärztepräsident befürwortet Pläne
Und auch Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery befürwortet Spahns Pläne.
„Es ist eine gute Nachricht, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine Impfpflicht für Masern plant. Bei hohen Durchimpfungsraten ist es möglich, einzelne Krankheitserreger regional und sogar weltweit zu eliminieren“, so Montgomery in einem Statement.
„Leider ist diese Botschaft noch immer nicht bei allen Impfgegnern angekommen. Diese Menschen gefährden nicht nur sich selbst und ihre Kinder, sie schaden auch der Gesellschaft als Ganzes“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer.
„Das muss ein Ende haben. Der Vorstoß des Bundesgesundheitsministers für eine Masernimpfpflicht ist deshalb ein wichtiger Schritt zur richtigen Zeit.“
Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa schränkte er aber auch ein: „Eine Impfpflicht lässt sich leicht verlangen, aber ist schwer umzusetzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Kinder mit der Polizei zum Impfen schleppt.“ (ad)
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