Coronavirus: Was die Zahl sagen
Lothar Wieler, RKI:
„Die Corona-Lage in Deutschland ist weiterhin sehr ernst. Das Infektionsgeschehen nimmt immer noch praktisch in ganz Deutschland zu.“
Ute Rexroth, RKI:
„Die Fallzahlen sind weiterhin sehr sehr hoch.“
Lothar Wieler, RKI:
„Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich die Situation in den nächsten Wochen verschärft. Manche Kliniken könnten an ihre Grenzen kommen.“
Warnungen vom RKI, knapp zwei Wochen nach dem Start des zweiten Shutdown. Heißt das etwa, die Maßnahmen funktionieren nicht?
Nein, die Entwicklung war so erwartet und auch angekündigt worden.
Katherine Rydlink, DER SPIEGEL:
“ Ja, das ist gar nicht überraschend, dass die Zahlen jetzt erstmal weiter steigen, weil eigentlich kann man eine Veränderung in den Fallzahlen erst nach so ungefähr zwei Wochen merken und die sind noch gar nicht rum.“
Das liegt daran, dass die Inkubationszeit bis zu 14 Tagen dauert und sich auch die Meldung einer Infektion verzögert – es muss erst ein Test gemacht und das Ergebnis an das Gesundheitsamt übertragen werden. All das ist seit Monaten so.
Was aber problematisch ist: In den Krankenhäusern steigt schon jetzt die Belastung. Aktuell sind 3000 Covid-Patienten auf Intensivstationen gemeldet. So hoch war dieser Wert noch nie.
Lothar Wieler, RKI:
„Rückmeldungen aus der Intensivmedizin bestätigen, dass jetzt schon der Regelbetrieb in einigen Betrieben eingeschränkt werden muss, um Personal für die Intensivstationen freizusetzen.“
Noch ist das alles machbar für die Krankenhäuser. Doch weil die Zahl der Neuinfektionen immer noch so hoch ist, ist klar: Was Patienten mit schweren Verläufen angeht, wird sich die Situation in den kommenden Wochen mit ziemlicher Sicherheit weiter verschärfen.
Katherine Rydlink, DER SPIEGEL:
„22.000 oder um die 20.000 auch in den letzten Tagen immer. Wenn man sich jetzt vorstellt, dass von denen auch sehr viele dann ungefähr in zehn Tagen auf die Intensivstation müssen, dann sieht es halt ganz schnell nicht mehr ganz so gut aus wie jetzt gerade im Moment. Und das Problem ist auch, dass Covid-Patienten sehr lange ein Intensivbett belegen. Also die bleiben bis zu 18 Tage auf der Intensivstation. Das heißt, wenn ein Covid-Patient auf die Intensivstation kommt, dann hat er fast drei Wochen lang dieses Bett belegt. Und wenn dann neue Patienten nachkommen, sind dann halt vielleicht keine Betten mehr frei.“
Diese Entwicklung – auch das dürfte schon jetzt Gewissheit sein – wird auch unvermeidlich dazu führen, dass wieder mehr Menschen an Covid-19 sterben.
Katherine Rydlink, DER SPIEGEL:
„Auch die Todeszahlen werden steigen. Das ist ganz sicher. Die sind ja jetzt auch schon gestiegen und die verhalten sich ja immer sozusagen parallel zu den Fallzahlen. Das heißt, wenn die Fallzahlen steigen, werden automatisch natürlich auch die Todeszahlen steigen. Wie sehr wird sich zeigen. Das ist sehr schwer, darüber jetzt schon eine Aussage zu treffen.“
Die Frage ist: Mit welchen Maßnahmen wird die Politik versuchen, die Pandemie weiter einzudämmen? Der Wert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gilt schon jetzt als Richtwert für Einschränkungen im öffentlichen Leben. Diesen Wert will die Regierung nun gesetzlich verankern lassen, ein Entwurf des Gesetzes wurde schon im Bundestag angehört. Doch führende Wissenschaftler warnen davor, sich auf diesen Wert allein zu fokussieren.
Katherine Rydlink, DER SPIEGEL:
„Man muss sich da andere Faktoren auch noch anschauen, z.B. die Altersverteilung in der Bevölkerung oder auch in welchen Bereichen genau da jetzt Ausbrüche sind, weil es halt einen Unterschied macht, ob die jetzt im Altenheim sind oder in Schulen beispielsweise. Und da plädieren viele Wissenschaftler dafür, sich also nicht nur auf diesen einen Wert zu konzentrieren. Das ist halt einer von vielen. Aber eigentlich sollte es halt noch mehrere Werte geben, die da mit einbezogen werden, wenn man die Maßnahmen verschärfen möchte.“
Dafür müssen die Behörden allerdings abwarten, was der Lockdown light bisher Maßnahmen gebracht hat. Und darüber wird die kommende Woche Aufschluss geben.
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