Will Omikron-Booster empfehlen: Virologe Kekulé hat „kein Verständnis für die Stiko“

Er sei „enttäuscht“ und habe „kein Verständnis“, sagt Virologe Alexander Kekulé mit Blick auf die Zulassung und angekündigte Empfehlung der neuen Booster-Vakzine. Seiner Ansicht nach gibt es noch zu wenige Daten, um eine solche uneingeschränkt zu rechtfertigen.

„Kein Verständnis für die Stiko“, titelt Virologe Alexander Kekulé die jüngste Episode seines Podcasts. Darin spricht der Mediziner über die neue Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Diese hatte sich vor wenigen Tagen für den Einsatz von an die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 angepassten Impfstoffen ausgesprochen – und das trotz dürftiger Datenlage, findet der Virologe.

„Da ist einigen Fachleuten der Unterkiefer runtergefallen“

Schon die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (Ema), welche unlängst erfolgte, hatte Kekulé überrascht, berichtet er im MDR-Podcast „Das Coronavirus-Update“ . Und nicht nur ihn: „Da kann man sagen, da ist einigen Fachleuten regelrecht der Unterkiefer runtergefallen“, erzählt er.

Problematisch findet Kekulé vor allem, dass die neuen Vakzine – genau wie die ursprünglichen Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna – nicht vorläufig, also „bedingt“ zugelassen werden sollen, sondern dauerhaft.

Über den Experten

Alexander Kekulé ist Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Universität Halle. Als Mitglied der Schutzkommission hat er die Bundesregierung lange in der Pandemieplanung und Seuchenabwehr beraten.

Kekulé: Ema-Vorgehen ist „ein bisschen merkwürdig“

Für beide Impfstoffe wurde zum Zeitpunkt ihrer Zulassung lediglich eine bedingte Genehmigung erteilt. Mitte September hatte die Ema angesichts der nachgewiesenen Wirksamkeit und Qualität der beiden mRNA-Impfstoffe gegen das Coronavirus dann allerdings empfohlen, deren bedingte Zulassung in eine Standardzulassung umzuwandeln. Für die Impfstoffe Comirnaty von Biontech/Pfizer und Spikevax von Moderna würde das bedeuten, dass die Zulassung nicht mehr jährlich überprüft und erneuert werden muss. Und das würde dann auch für die weiteren Impfstoffe gelten, wie in diesem Fall jetzt die Omikron-Booster.

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Die Ema hätte allerdings im Prozess für die Vakzine der Hersteller Biontech und Moderna Listen zur Qualitätssicherung erstellt, erklärt Kekulé die Vorgeschichte. Dabei gehe es etwa um verschiedene Teilprodukte der Impfstoffe, beispielsweise Lipide. „Das ist ziemlich schwierig, die in eindeutig definierter Konzentration und Reinheit und Zusammensetzung und so weiter zu machen – gerade, wenn man verschiedene Produzenten hat, von denen man das bekommt“, so Kekulé.

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Genau diesen Punkt habe die Ema neben anderen bemängelt und die Hersteller mit der Liste aufgefordert, Standards vorzulegen – „und das waren mehrere Seiten Hausaufgaben, wenn ich das mal so sagen darf“. Und besagte To-Do-Liste wurde laut Kekulé bis heute nicht abgearbeitet. Er hätte zwar keine Bedenken, dass der Impfstoff so gefährlich sei. Aber der Prozess sei ihm „ein bisschen merkwürdig“ vorgekommen. Ebenso, dass die neuen Vakzine nun ebenfalls eine Standardzulassung erhalten sollen.

Virologe: Bin von der Stiko enttäuscht

Auch die Stiko will die angepassten Impfstoffe empfehlen, das erklärte am Dienstag etwa Mitglied Christian Bogdan. Und das, obwohl die Kommission ebenfalls Bedenken anlässlich der noch geringen Datenlage äußerte.

An der Stelle ist Kekulé „enttäuscht“, das müsse er ganz klar sagen. Die Experten hätten sich „immer so als Gralshüter der Patientensicherheit und der Seriosität, Nutzen-Risiko-Abwägung“ gegeben. Das sei häufig nachvollziehbar gewesen. Die Experten hätten eben immer alles gründlich prüfen wollen – „und jetzt sowas“.

Vor allem, dass die Stiko ihre Empfehlung uneingeschränkt und „ohne irgendwelche neuen Daten“ abgegeben habe, kritisiert der Virologe. Und so kommt er auch zu seinem Folgen-Titel: Er hat "kein Verständnis für die Stiko.“

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