Weniger Gefahr durch Kosmetikkabinen als durch EU-Arzneiversand

Darf eine Apotheke in ihren Betriebsräumen auch Kosmetikbehandlungen anbieten? Ist ein solches Angebot noch eine „apothekenübliche Dienstleistung“? Oder verwischt es den eigentlichen Versorgungsauftrag und gibt der Apotheke den unerwünschten Anstrich eines „Drugstore“? Darüber dürften schon einige Apotheker mit ihrer Aufsicht diskutiert, wenn nicht gestritten haben. Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen gibt kosmetikaffinen Apotheken Rückendeckung – doch die unterlegene Behörde sucht die Klärung in der Berufungsinstanz.

Apotheker haben ein beschränktes Berufsfeld: Sie sind als Heilberufler in erster Linie dafür verantwortlich, dass alle Bürger ordnungsgemäß mit Arzneimitteln versorgt werden. Doch sie sind im Hinblick auf ihr nicht apothekenpflichtiges Nebensortiment auch Kaufleute und stehen in Konkurrenz mit Drogerien und anderen Einzelhändlern. Die Apothekenbetriebsordnung macht strikte Vorgaben, was unter „apothekenüblichen Waren“ zu verstehen ist und bestimmt, dass apothekenübliche Dienstleistungen der Gesundheit dienen oder sie fördern müssen. Die Frage, ob eine Apotheke Kosmetikbehandlungen anbieten darf, taucht in regelmäßigen Abständen auf. Apotheken machen ihren Kunden gerne dieses zusätzliche Angebot – doch nicht immer akzeptiert es die Aufsicht. So war es auch in einem Fall, über den das Verwaltungsgericht Gießen im vergangenen März entschieden hat.

Worum ging es?

Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Regierungspräsidium Darmstadt, hatte einem Apotheker im Mai 2018 untersagt, in seinen Betriebsräumen Kosmetikbehandlungen durchzuführen. Allerdings war der Erlaubnisurkunde für die 1990 eröffnete Apotheke seit dem Jahr 2005 zu entnehmen, dass sich die Apothekenbetriebserlaubnis auch auf einen (durch eine Tür abgeschlossenen) Raum bezieht, der für kosmetische Behandlungen und Beratungen vorgesehen ist. Die Apotheke war auch entsprechend TÜV-zertifiziert. Bei einer Apothekenprüfung im Jahr 2014 gab es keinerlei Beanstandungen wegen des Kosmetikraums. Erst bei einer weiteren Prüfung 2017 wurde der Kläger aufgefordert, sich zu diesem zu äußern – was sodann im Jahr darauf in die genannte Untersagungsverfügung mündete. Die Aufsicht meinte, dass hier keine apothekenübliche Dienstleistung vorliege – und nach der Apothekenbetriebsordnung seien anderweitig gewerblich oder beruflich genutzte Räume durch Wände oder Türen von den Apothekenbetriebsräumen abzutrennen.

Dagegen wehrte sich der Apotheker: Die in seiner Apotheke angebotenen Kosmetikbehandlungen hätten Gesundheitsbezug. Ausgebildete Kosmetikerinnen behandelten in dem abgetrennten Raum schwere Hautprobleme (z. B. Narben, starke Akne, überstarken Haarwuchs), die über „normale“ Kosmetik hinausgingen. Zur Anwendung kämen dabei allein exklusive Kosmetikartikel aus der Verkaufspalette der Apotheke. Die Kosmetikkabine werde zudem nur ungefähr 2,5 Tage pro Woche genutzt.

Kein Zweifel am Gesundheitsbezug

Das Verwaltungsgericht Gießen entschied auf ganzer Linie zugunsten des Apothekers und spickte seine Begründung mit hochaktuellen Argumenten. Für die Richter liegt „klar auf der Hand“, dass das Angebot des Apothekers eine apothekenübliche Dienstleistung im Sinne von § 1a Abs. 11 ApBetrO ist. Der Gesundheitsbezug ergebe sich schon daraus, dass die verwendete Apotheken-Kosmetik ebenfalls Gesundheitsbezug haben müsse. Gerade im Bereich des Nebensortiments trete der freie Beruf des Apothekers zurück und es finde eine gewerbliche Konkurrenz mit Anbietern gleicher Produkte statt. Und so müsse man Apothekern nicht nur den Verkauf und die Information über diese Produkte zugestehen, sondern auch ihre Anwendung.

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