Weg frei für die zentrale Beschaffung von Arzneimitteln

Am heutigen Mittwoch ist die „Verordnung zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs bei der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie“ in Kraft getreten. Hinter dem sperrigen Namen verbergen sich neue, befristete Befugnisse für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Sein Haus kann nun unter anderem Arzneimittel und ihre Wirkstoffe, Medizinprodukte und Desinfektionsmittel zentral beschaffen, lagern, herstellen und in den Verkehr bringen – gesetzliche Vorschriften etwa zum Vertriebsweg oder der Apothekenpflicht gelten nicht. Die ABDA erwartet keine nachteiligen Auswirkungen für die Apotheker.

Am gestrigen Dienstag ist eine weitere Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) im Bundesanzeiger veröffentlicht worden, die auf einer erst kürzlich im Infektionsschutzgesetz geschaffenen Ermächtigungsgrundlage beruht. Es handelt sich um die „Verordnung zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs bei der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie“ (Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung – MedBVSV), deren Entwurf Minister Jens Spahn (CDU) bereits Anfang April vorgelegt hatte. Während andere Verordnungen, die auf den mit dem 1. Bevölkerungsschutzgesetz geschaffenen Ermächtigungsgrundlagen fußen, sehr schnell in Kraft traten – etwa die für Apotheken relevante SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung –, hat es hier etwas länger gedauert. Nach Informationen von DAZ.online lag dies daran, dass der Entwurf zunächst länger im Bundesjustizministerium lag und dann noch das EU- Notifizierungsverfahren durchlaufen musste. Doch nun ist die Verordnung wirksam.

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Auch die Apothekenpflicht ist nicht mehr sicher

Noch mehr Macht für Spahn

Grundsätzlich bleibt es dabei: Dem BMG soll befristet ermöglicht werden, Produkte des medizinischen Bedarfs zentral zu beschaffen, zu lagern, herzustellen und in den Verkehr zu bringen. Das Ministerium muss dies nicht zwingend selbst tun, sondern kann auch andere Stellen damit beauftragen. Nicht mehr im Spiel ist jedoch das Bundesinnenministerium, das zunächst neben dem BMG diese neuen Rechte erhalten sollte. Was mit Produkten des medizinischen Bedarfs gemeint ist, verrät die Verordnung in § 1 Absatz 2: Arzneimittel, deren Wirk-, Ausgangs- und Hilfsstoffe, Medizinprodukte, Betäubungsmittel der Anlagen II und III des Betäubungsmittelgesetzes (verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige bzw. verkehrsfähige und verschreibungsfähige BtM) Labordiagnostika, Hilfsmittel, Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung und Produkte zur Desinfektion. Die BtM sind gegenüber dem Referentenentwurf neu hinzugekommen. 

§ 2 MedBVSV (Auszug)

Beschaffung und Abgabe durch Behörden des Bundes

(1)  Das Bundesministerium kann zu dem in § 1 Absatz 1 genannten Zweck Produkte des medizinischen Bedarfs auch für Stellen außerhalb der Bundesverwaltung selbst oder durch beauftragte Stellen zentral beschaffen, lagern, herstellen und in den Verkehr bringen.

Zweck der Verordnung ist, die Versorgung der Bevölkerung mit diesen Produkten während der am 28. März 2020 vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite sicherzustellen. Die Verordnung sieht dazu vor, dass das BMG beziehungsweise die von ihm beauftragten Stellen sowie die Personen, von denen die Produkte beschafft werden, in ihren Aktivitäten nicht zu sehr durch die zahlreichen Vorschriften eingeschränkt werden. So sollen etwa die arzneimittelrechtlichen Regelungen zu Kennzeichnung, Herstellung, Zulassung, Vertriebswegen, Ein- und Ausfuhr sowie die Gefährdungshaftung und die Pflicht zur Deckungsvorsorge keine Anwendung finden. Konkret nennt die Verordnung auch die Norm zur Apothekenpflicht (43 AMG), die in diesen Fällen nicht gelten soll. Ausnahmen von der Arzneimittelhandelsverordnung und der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung sind ebenfalls vorgesehen.

So können etwa im Ausland beschaffte Arzneimittel auch ohne deutschsprachige Kennzeichnung und Packungsbeilage in die Versorgung gebracht werden oder auch Arzneimittel mit abgelaufenem Verfalldatum noch zum Einsatz kommen. Zudem können im Einzelfall – wenn dies nach Vornahme einer Kosten-Nutzen-Risiko-Bewertung zur Sicherstellung der Versorgung erforderlich ist – Verfahren der Zulassung und der klinischen Prüfung beschleunigt werden.

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