Warum die meisten Menschen Rechtshänder sind

Haben Sie diesen Artikel gerade mit der rechten Hand angeklickt? Dann gehören Sie zur Mehrheit der Rechtshänder:innen. Denn deutlich mehr Menschen benutzen die rechte Hand, wenn sie schreiben, das Glas Wasser anheben oder einen Ball fangen. Das machen sie, ohne darüber nachzudenken. Doch warum gibt es weniger Linkshänder:innen?

Linkshänder:innen sind in der deutlichen Unterzahl – die weltweit größte Untersuchung aus dem Jahr 2020 geht davon aus, dass 10,6 Prozent der Menschen linkshändig sind. "Wie häufig Links- und Rechtshändigkeit jeweils sind, hängt dabei auch davon ab, wie streng die Kriterien dafür sind, die die Autoren anlegen", erklärt Sebastian Ocklenburg, Biopsychologe an der Ruhr-Universität Bochum, in einer Mitteilung zur Studie. Von Studie zu Studie unterscheidet sich also die Verteilung von Rechts- und Linkshändigkeit, je nachdem welche Definition von Händigkeit genutzt und wie das Untersuchungsdesign ist.

Hirnforschung


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Linkshändigkeit hängt von Gehirnstruktur ab

"Händigkeit ist Hirnigkeit. Sie ist nicht nur eine Angewohnheit, sondern hängt mit Betonungen und Dominanzen in unserem Gehirn zusammen", sagt Johanna Barbara Sattler, Psychologin und Linkshänderberaterin gegenüber "MDR". Warum wir Rechts- oder Linkshänder:in sind, hängt also von der Struktur des Gehirns ab. Die linke Körperhälfte wird von der rechten Hirnhälfte gesteuert und die rechte Körperhälfte von der linken Gehirnhälfte. Es funktioniert also über Kreuz. Schreibt ein Linkshänder seine Einkaufsliste, ist dabei die rechte Gehirnhälfte, der motorische Kortex, aktiv. Der motorische Kortex ist darauf spezialisiert, feinmotorische Aufgaben wie das Schreiben zu steuern.

Die Begründung, warum wir nicht mit beiden Händen gleich gut alle Aufgaben lösen können, liegt wahrscheinlich in der Evolution. Das Gehirn ist das Organ im Körper, welches am meisten Energie verbraucht. Ungefähr 20 Prozent der Gesamtenergie verbrennt das Organ an einem Tag. "Es war wichtig, unser Gehirn energieeffizient zu gestalten. Weil wir nur eine Gehirnhälfte haben, die darauf spezialisiert ist, feinmotorische Prozesse zu steuern, konnte das Gehirn mit weniger Energie auskommen, als wenn beide Hirnhälften dies gleich gut könnten", erklärt Sebastian Ocklenburg in der "Zeit". Auch im Tierreich gebe es eine "Pfotigkeit."

Mehr Rechtshänder – warum?

Die Forschung beschäftigt sich schon sehr lange mit der Frage, warum es mehr Rechtshänder:innen gibt. Eine eindeutige Antwort gibt es in der Wissenschaft noch nicht, aber Theorien.

Der Mensch ist ein soziales Wesen und wir lernen viele Dinge, weil wir sie uns von anderen Menschen abschauen, sagt Sebastian Ocklenburg. "Die Forschung hat hier gezeigt, dass es deutlich einfacher ist, wenn beide Personen die gleiche Händigkeit haben. Der Grund: Man muss diesen Vorgang in seinem Gehirn nicht spiegeln." Linkshändige Menschen könnten aber auch einen Vorteil gegenüber rechtshändigen gehabt haben: "Die Fighting-Hypothese besagt, dass es während der menschlichen Evolution ein Vorteil für Linkshänder war, Gegner im Kampf besser überraschen zu können." Diese Theorie könnte erklären, warum Linkshänder:inen in Sportarten wie Tischtennis oder Boxen überrepräsentiert sind.

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Doch auch weitere Faktoren spielen bei der Händigkeit eine Rolle. In der Wissenschaft wird der genetische Anteil auf 25 Prozent geschätzt. 2019 haben Forschende untersucht, welche Umweltfaktoren die Händigkeit beeinflussen können. Das Ergebnis: Ob jemand rechts- oder linkshändig ist, hängt unter anderem von Geburtsort und Geburtsjahr ab. Nicht überall dürfen Linkshänder:innen auch mit der linken Hand schreiben – das führt dazu, dass die Händigkeit umerzogen, verboten und ignoriert wird. Ebenso scheinen ein höheres Geburtsgewicht, keine Mehrlingsgeburt und das Stillen die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, rechtshändig zu werden.

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Quellen: Metaanalyse Uni Bochum, Mitteilung zur Studie, MDR, Zeit,Studie 2019, Studie Sportarten

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