Verkaufte Champignons haben einen 30-Mal höheren Vitamin-D-Anteil: Sind solche Pilze überhaupt gesund?

Kaufland bietet Vitamin-D-Pilze an: Wie sinnvoll sind diese Champignons?

Die Lebensmittel-Einzelhandelskette Kaufland bietet seit einiger Zeit Champignons an, deren Vitamin-D-Gehalt durch die Bestrahlung mit UVB-Licht um das 30-Fache gegenüber herkömmlichen Pilzen erhöht sein soll. Die Stiftung Warentest hat die Zuchtchampignons nun genauer unter die Lupe genommen und erklärt, wie sinnvoll sie sind.

Weit verbreiteter Vitamin-D-Mangel

Im vergangenen Jahr wurde berichtet, dass rund 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen hierzulande mehr oder weniger erniedrigte Werte an Vitamin D aufweisen. Zudem zeigte eine Studie, dass etwa die Hälfte der über 65-Jährigen von einem Vitamin-D-Mangel betroffen sind. Allgemein gilt die Vitamin-D-Versorgung in Deutschland als mangelhaft. Macht es daher Sinn, Nahrungsmittel mit Vitamin D anzureichern, wie dies inzwischen bei manchen Champignons passiert?

Nun auch in Deutschland erhältlich

Deutsche Forscher berichteten bereits vor Jahren über mit Vitamin D angereicherte Champignons, die in Großbritannien und Irland verkauft werden.

Vor wenigen Monaten haben auch Schweizer Pilzproduzenten Champignons auf den Markt gebracht, die reich an Vitamin D sind.

Und inzwischen bietet auch die Lebensmittel-Einzelhandelskette Kaufland in Deutschland Zuchtchampignons an, die durch die Bestrahlung mit UV-Licht reich an Vitamin D sein sollen.

Doch welchen Nutzen hat der Vitamin-D-Pilz?

Pilze werden kurzzeitig mit UVB-Licht beleuchtet

„30 x mehr Vitamin D“ als in konventionellen Kulturchampignons, „100 Gramm enthalten 125 Prozent der empfohlenen Tagesdosis“ – das verspricht das Etikett der Vitamin-D-Champignons, die exklusiv bei Kaufland im Angebot sind, berichtet die Stiftung Warentest auf ihrer Webseite.

200 Gramm sollen um die zwei Euro kosten.

Laut einer Mitteilung der Lebensmittel-Einzelhandelskette werden die Pilze kurzzeitig mit UVB-Licht beleuchtet. Dem Unternehmen zufolge erhöhe sich der Vitamin-D-Gehalt der Pilze dadurch um das 30-Fache gegenüber herkömmlichen Champignons.

Die Bestrahlung ahmt einen Vorgang in der freien Natur nach – da bilden die Pilze unter dem Einfluss des Sonnenlichts reichlich Vitamin D.

Bei herkömmlichen Zuchtchampignons passiert das kaum, da sie nicht bei Tageslicht sprießen. Das Vitamin D soll die Gesundheit von Knochen und Zähnen unterstützen.

Entwickelt wurde das Verfahren von Dr. Paul Urbain, Ernährungswissenschaftler am Universitätsklinikum Freiburg.

Produziert werden die speziellen Pilze von der Firma Pilzland in Niedersachsen.

Das Bestrahlungs-Verfahren funktioniert

Die Stiftung Warentest hat die Pilze ins Labor geschickt und berichtet auf „test.de“, ob die Champignons tatsächlich etwas für den Vitamin-D-Haushalt bringen und ob die angegebenen Vitamin-D-Gehalte auch stimmen.

Den Angaben zufolge haben die Experten die Vitamin-D-Gehalte der Pilze aus sieben verschiedenen Packungen bestimmt und festgestellt, dass das Bestrahlungs-Verfahren funktioniert.

Die Vitamin-D-Gehalte liegen im Durchschnitt bei 9,6 Mikrogramm je 100 Gramm und damit deutlich über den Gehalten gewöhnlicher Zuchtchampignons.

Bei einer Stichprobenanalyse von gewöhnlichen Pilzen wurden nur etwa 0,3 Mikrogramm Vitamin D pro 100 Gramm ermittelt.

Bezogen auf den Durchschnittswert stimmt also das Versprechen des Anbieters, dass die Vitamin-D-Pilze 30-mal mehr von dem sogenannten Sonnenvitamin enthalten.

Vitamin-D-Gehalte schwanken deutlich

Allerdings variieren die Vitamin-D-Gehalte von Packung zu Packung deutlich. Der niedrigste Gehalt, der in den Pilzen einer Packung festgestellt wurde, lag bei 5,3 Mikrogramm Vitamin D pro 100 Gramm.

Der höchste Gehalt lag hingegen bei 15,1 Mikrogramm. Dieser Wert überschreitet sogar den Höchstgehalt, den die EU für diese neuartigen Lebensmittel gemäß der europäischen Novel-Food-Verordnung festgesetzt hat: zehn Mikrogramm pro 100 Gramm.

Eine Überdosis an Vitamin D müssen Pilzliebhaber dennoch nicht befürchten. Selbst von den Vitamin-D-reichsten Pilzen könnten sie laut Warentest auf Dauer täglich bedenkenlos mehrere Packungen essen.

Da sich die Vitamin-D-Gehalte der Spezial-Champignons so stark unterscheiden bezeichnen die Tester die präzise Vitamin-D-Angabe auf der Packung von 6,25 Mikrogramm pro 100 Gramm als „scheingenau“.

Außerdem seien die Pilze nicht korrekt benannt: Die Novel-Food-Verordnung verlangt, dass Zuchtchampignons, die mit UV-Strahlen behandelt wurden, „UV-behandelte Pilze (Agaricus bisporus)“ heißen müssen.

Doch auf dem Etikett stehen lediglich die Namen „Vitamin D Pilze“ und „Kulturchampignon“.

Der Mensch holt sich Vitamin D hauptsächlich durchs Sonnenlicht

„Gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit leiden viele Menschen unter einem Vitamin-D-Mangel. Denn der UVB-Anteil im Sonnenlicht ist zu gering für die eigene Vitamin D-Produktion in der Haut“, meint Dr. Paul Urbain.

„Die Steinchampignons sind insbesondere für Vegetarier und Veganer eine ideale Möglichkeit, ihren Vitamin-D-Bedarf einfach und geschmackvoll zu decken“, so der Ernährungswissenschaftler.

Wichtig zu wissen ist jedoch, dass der Mensch über die Nahrung lediglich etwa zehn bis 20 Prozent des Vitamin-D-Bedarfs deckt.

Nennenswerte Mengen sind unter anderem in fettem Seefisch wie Hering und Lachs enthalten. Kleinere Mengen liefern beispielsweise Eigelb und Margarine, die mit Vitamin D angereichert werden darf.

Hauptsächlich holt sich der Mensch Vitamin D, das insbesondere für die Knochen wichtig ist, durchs Sonnenlicht im Sommerhalbjahr.

Daher empfehlen Fachgesellschaften, zwischen März und Oktober zwei- bis dreimal pro Woche Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz der Sonne auszusetzen – grelle Mittagssonne sollte man aber vermeiden.

Dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge reicht bereits die Hälfte der Zeit, in der sonst ungeschützt ein Sonnenbrand entstehen würde.

Wer länger in der Sonne bleibt, sollte sich vor ihr schützen, etwa mit Sonnencreme. Der Körper kann einen Vorrat an Vitamin D speichern, der bei den meisten Menschen ausreicht, um ohne Mangelerscheinungen über die dunkle Jahreszeit zu kommen.

Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln

Manche Menschen setzen trotzdem auf die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten. Diese sollte jedoch grundsätzlich mit dem Hausarzt abgesprochen werden.

Allerdings sind solche Nahrungsergänzungsmittel nicht für alle Menschen ratsam, warnen Experten.

Zudem sind manche dieser Präparate nicht empfehlenswert, sondern sogar ein Risiko, wie Tests gezeigt haben.

Und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) wies darauf hin, dass es auch zu einer Überdosierung mit Vitamin-D-Präparaten kommen kann.

Laut der Stiftung Warentest kann die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten für bestimmte Risikogruppen sinnvoll sein, beispielsweise bei Bettlägerigen oder Menschen ab etwa 65 Jahren, die nicht mehr so gut Vitamin D über die Haut bilden können. (ad)

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