Holetschek: Lauterbach muss GKV-Spargesetz korrigieren

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) bleibt am Ball. Nachdem er den Entwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz bereits im Bundestag heftig kritisiert hat, hat er sich am gestrigen Montag mit Vertretern aus dem Gesundheitswesen getroffen – auch aus der bayerischen Apothekerschaft. Es herrschte große Einigkeit: Der bisherige Gesetzentwurf ist nicht tragbar.

Klaus Holetschek machte bereits am vergangenen Freitag anlässlich der ersten Lesung des Regierungsentwurfs für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz deutlich, was er von den Sparplänen des Bundesgesundheitsministers hält: herzlich wenig. Es sei ein „Versorgungsdestabilisierungsgesetz“, mit dem Karl Lauterbach auf einen „Kassencrash“ zusteuere. Da nütze es nichts, wenn weitere Reformen angekündigt würden – „Jetzt müssen Sie vorlegen!“, so seine Botschaft an den Bundesminister. 

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Nun hat der bayerische Gesundheits- und Pflegeminister die Türen seines Hauses für weitere Kritiker geöffnet: Am gestrigen Montag traf sich Holetschek mit dem Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, dem Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, und dem Vorsitzenden des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Hans-Georg Feldmeier. Ebenfalls mit von der Partie waren der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands (BAV), Hans-Peter Hubmann, die Vizepräsidentin der Landesapothekerkammer und des Verbands Freier Berufe Bayern, Franziska Scharpf, sowie die Chefs der bayerischen Ärzte- und Zahnärztevertretungen und der bayerischen Krankenhausgesellschaft. 

Holetschek betonte nach dem „Gipfeltreffen“: „Wir sind uns einig: Der bisherige Entwurf von Karl Lauterbach ist nicht tragbar. Der Bundesgesundheitsminister muss die Kritik und Vorschläge aus den Reihen der Verbände und der Länder ernst nehmen. Wir müssen jetzt gemeinsam nach einer langfristigen Lösung suchen.“

Die Pandemie habe deutlich gezeigt, wie wichtig ein stabiles Gesundheitssystem für eine funktionierende Gesellschaft sei. Eine stabile Finanzierung der GKV sei dafür „das A und O“. „Das Gebot der Stunde muss Stabilisierung sein – nicht Destabilisierung“, mahnt Holetschek in einer Pressemitteilung seines Ministeriums. Wenn nun die Reserven der Krankenkassen abgeschöpft und die Versorgung der Menschen verschlechtert, aber notwendige Reformen nicht angepackt würden, dann sei „das falsch und absolut kontraproduktiv.“ Konkret fürchtet Holetschek unter anderem durch die geplante Streichung der Neupatientenregelung Verschlechterungen, aber auch für Zahnärzte und die Pflege erwartet er nichts Gutes.

Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel senken!

KBV-Chef Gassen freut sich über die Bestärkung: „Entgegen der Ankündigung des Bundesgesundheitsministers wäre eine Streichung [der Neupatientenregelung] leider unausweichlich verbunden mit Leistungskürzungen für die Patientinnen und Patienten“, betonte er. BÄK-Chef Reinhardt ergänzte, dass durch die geplante Rücknahme der Regelung der Patientenversorgung rund 400 Millionen Euro fehlen werden. „Statt undurchdachter Rotstiftpolitik zur kurzfristigen Stabilisierung der Kassenfinanzen brauchen wir nachhaltige, strukturelle Reformen bei der Krankenkassenfinanzierung“ so Reinhardt. Und dazu gehören nach Ansicht der Kritiker insbesondere eine dauerhafte Anhebung und Dynamisierung des Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds sowie eine kostendeckende Refinanzierung der Versorgung von ALG-II-Empfänger:innen. Außerdem sollte der Gesetzgeber den Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel von jetzt 19 Prozent auf sieben Prozent reduzieren – allein das würde die Krankenkassen um rund sechs Milliarden Euro im Jahr entlasten.

Hubmann: Leistung der Apotheken endlich honorieren!

Der BAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann wird in der Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums mit folgenden Worten zitiert: „Wir weisen die neuen Sparpläne der Bundesregierung an der lokalen Arzneimittelversorgung scharf zurück und fordern stattdessen Planungssicherheit und eine angemessene Vergütungsanpassung aufgrund drastisch gestiegener Kosten. Die Apotheken vor Ort haben bewiesen, dass sie für ein krisenfestes Gesundheitswesen unverzichtbar sind. Das muss politisch jetzt endlich honoriert werden.“

Franziska Scharpf betonte, dass das Gesetz die angespannte personelle und wirtschaftliche Situation der Apotheken verschärfe – nachdem es schon seit Jahren keinerlei Honoraranpassungen für sie gegeben habe. „Höhere Tariflöhne, steigende Energiekosten und die allgemeine Inflation bedeuten enorme finanzielle Belastungen für die Apotheken, die nicht einfach an Patientinnen und Patienten weitergegeben werden können“, unterstrich Scharpf. „Dadurch werden voraussichtlich weitere Apotheken schließen müssen, wodurch sich die wohnortnahe Arzneimittelversorgung verschlechtern würde.“

BPI-Chef Feldmeier warnte, dass der Bundesgesundheitsminister mit seinen Sparplänen für die Industrie den Pharmastandort Deutschland und eine sichere Arzneimittelversorgung gefährde. „Das Gesetz muss daher dringend angepasst werden!“

Welche Wirkung die mahnenden Worte aus Bayern auf die Parlamentarier haben werden, muss sich nun zeigen. In der Bundestagsdebatte zeigten Abgeordnete der Ampelkoalition Verständnis für Lauterbachs Vorgehen – und versicherten, dass die nächste Reform bald folgen werde. Am morgigen Mittwoch wird im Bundestags-Gesundheitsausschuss die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf stattfinden. Hier wird die Kritik mit Sicherheit ebenfalls harsch ausfallen. 

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