Darm-Hirn-Verbindung: Wie das Gehirn Entzündungen mit Darm-Signalen bekämpft – Heilpraxis

Darmbakterien helfen Gehirnzellen gegen Entzündungen

Ein amerikanisches Forschungsteam entdeckte einen entzündungshemmenden Signalweg zwischen dem Darm und dem Gehirn. In der Studie wird eine neuentdeckte Hirnfunktion beschrieben, die über Signale gesteuert wird, die von Darmbakterien vermittelt werden.

Forschende des Brigham and Women’s Hospital in Boston (USA) berichten von bestimmten Gehirnzellen, genauer gesagt einer Untergruppe der Astrozyten, die eine schützende und entzündungshemmende Funktion im Gehirn ausüben. Gesteuert werden diese Gehirnzellen offenbar durch Anweisungen aus dem Darm. Die Forschungsergebnisse wurden in dem renommierten Fachjournal „Nature“ vorgestellt.

Was sind Astrozyten?

Wie die Arbeitsgruppe erklärt, sind Astrozyten der am häufigsten vorkommende Zelltyp im zentralen Nervensystem (ZNS). Trotzdem ist die Funktion dieser Zellen noch nicht ausreichend verstanden. Bislang wurde überwiegend angenommen, dass die primäre Funktion der Astrozyten darin besteht, die Nervenzellen des Gehirns mit Nährstoffen zu versorgen. Neuere Studie lieferten zudem Hinweise darauf, dass Astrozyten aktiv an degenerativen Prozessen und Entzündungen beteiligt seien können und so neurologische Erkrankungen fördern.

Das Team des Brigham and Women’s Hospital entdeckte nun jedoch eine Subpopulation der Astrozyten, die genau das Gegenteil tun: Sie haben eine schützende und entzündungshemmende Funktion im Gehirn. Das Besondere an dieser Untergruppe ist, dass sie auf Signale reagieren, die vom Darm ausgesendet werden.

Nicht alle Astrozyten können über einen Kamm geschert werden

„Im Laufe der Jahre haben viele Labore, darunter auch unseres, wichtige Rollen für Astrozyten bei der Förderung neurologischer Erkrankungen identifiziert“, erläutert der korrespondierende Studienautor Dr. Francisco Quintana. Dies sei der erste Fall, in dem gezeigt werden konnte, dass zumindest eine Astrozyten-Untergruppe Entzündungen verhindern kann. Der Grund, warum diese Zellen bislang nicht entdeckt wurden, ist Dr. Quintana zufolge, dass in der Forschung angenommen wurden, dass alle Astrozyten die gleiche Funktion haben.

Wie schützt die Astrozyten-Untergruppe vor Entzündungen?

Mithilfe modernster Gen- und Protein-Analyse-Tools ist es den Forschenden gelungen, eine neue Untergruppe der Astrozyten zu identifizieren. Diese Population befinde sich in der Nähe der Hirnhaut. Die Zellen produzieren ein Protein namens LAMP1, welches daran beteiligt ist, den Zelltod von T-Zellen zu induzieren, die Entzündungen fördern.

Die Spur führte zu den Darmbakterien

Im weiteren Verlauf der Studie fanden die Forschenden heraus, dass ein bestimmtes Signalmolekül namens Interferon-gamma die Produktion der Astrozyten-Proteine reguliert. Die Expression von Interferon-gamma werde wiederum von dem Darmmikrobiom, also der Darmflora, induziert.

Neuer Ansatz für Therapien gegen neurologische Erkrankungen

Das Forschungsteam hält es für möglich, dass dieser Signalweg für therapeutische Zwecke genutzt werden kann und möglicherweise neue Behandlungen gegen neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose eröffnet. Die Arbeitsgruppe fand zudem auch Hinweise darauf, dass dieser Signalweg bei der Entstehung bestimmter Gehirntumoren eine Rolle spielt.

„Die Entdeckung von mikrobiom-gesteuerten entzündungshemmenden Untergruppen von Astrozyten ist ein wichtiger Fortschritt in unserem Verständnis von Entzündungen im zentralen Nervensystem und deren Regulierung“, resümiert Dr. Quintana. (vb)

Lesen Sie auch: Diabetes: Blockierte Darm-Hirn-Kommunikation als Auslöser?

Autoren- und Quelleninformationen

Quelle: Den ganzen Artikel lesen