Coronavirus: SARS-CoV-2 befällt auch das Herz – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

SARS-CoV-2 kann auch Herzzellen infizieren

Zwar wurde das Coronavirus SARS-CoV-2 zu Beginn der Pandemie häufig auch als Atemwegsvirus bezeichnet, doch schon bald stellte sich heraus, dass der neuartige Erreger nicht nur die Atemwege, sondern auch verschiedene andere Organe befallen kann – unter anderem das Herz, wie Forschende aus Deutschland nun berichten.

Da das Coronavirus SARS-CoV-2 erst vor relativ kurzer Zeit auf den Menschen übergesprungen ist, lernen Fachleute erst im Verlauf der aktuellen Pandemie mehr über sein Verhalten und die medizinischen Folgen der Infektion. Bisher stehen bei der durch das neuartige Virus ausgelösten Erkrankung COVID-19 vor allem die Atemwegs- und Lungensymptome im Vordergrund, doch das Virus greift auch das Herz an.

Erreger kann Genaktivität verändern

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In den vergangenen Monaten haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 nicht nur die Lunge, sondern viele weitere Organe befällt. Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) überraschenden Erkenntnisse gewonnen: Das Coronavirus kann auch Herzzellen infizieren und sich darin vermehren, heißt es in einer aktuellen Mitteilung.

Zudem ist der Erreger in der Lage, die Genaktivität infizierter Herzzellen zu verändern. Das geht aus einer neuen Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Westermann aus der Klinik für Kardiologie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Rechtsmedizin des UKE hervor. Für die wissenschaftliche Arbeit wurden 39 verstorbene Herzpatientinnen und -patienten untersucht, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren.

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Die Ergebnisse wurden unter dem Titel „Cardiac infection with SARS-CoV-2 in confirmed COVID-19 autopsy cases“ eingereicht und zur Veröffentlichung akzeptiert im Fachmagazin „JAMA Cardiology“.

Coronavirus im Herzgewebe nachgewiesen

„Bisher wusste man nicht, in wie vielen Fällen SARS-CoV-2 auch das Herz befällt und – wenn es das tut – ob es sich in Herzzellen vermehren und dort krankhafte Veränderungen hervorrufen kann. Mit den nun vorliegenden Untersuchungsergebnissen haben wir deutlich mehr Klarheit“, erläutert Studienleiter Prof. Westermann aus dem Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg des UKE.

Bei rund zwei Drittel der untersuchten Patientinnen und Patienten (24 von 39) konnten die Forscherinnen und Forscher im Herzgewebe das Coronavirus SARS-CoV-2 nachweisen. In 16 Fällen fanden die Fachleute das Virus in Mengen, die klinische Auswirkungen hätten haben können (mehr als 1.000 Viruskopien pro Mikrogramm RNA).

Bei fünf Patienten mit den höchsten Virusmengen identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Plus- und Minus-Strang des Virus-Erbguts. „Das ist das Zeichen, dass sich das Virus auch in der betreffenden Zelle vermehrt“, sagt Prof. Westermann.

Langzeitfolgen für die Gesundheit

Durch die Infektion verändern sich zwar die Herzzellen, doch ob dies Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf hat, lässt sich noch nicht abschließend klären. Das Forschungsteam hatte die Aktivität von sechs entzündungsfördernden Genen genauer unter die Lupe genommen. Den Angaben zufolge war bei den 16 Patienten mit der höchsten Viruslast die Aktivität dieser Gene deutlich erhöht.

„Dies hätte auf das Vorliegen einer Herzmuskelentzündung schließen lassen können. Gleichwohl haben wir keine typischen Kennzeichen einer solchen Entzündung – etwa das Einwandern von Entzündungszellen aus dem umliegenden Gewebe in den Herzmuskel – finden können. Unsere Ergebnisse unterstützen die bisherige Beobachtung, dass eine Herzmuskelentzündung im Zusammenhang mit COVID-19 nur sehr selten auftritt“, so Prof. Westermann.

Allerdings könne die durch die Infektion hervorgerufene veränderte Genaktivität in den Herzzellen Langzeitfolgen für die Gesundheit von Betroffenen haben. Um das zu klären, seien künftig Reihenuntersuchungen an lebenden COVID-19-Patientinnen und Patienten notwendig, erklärt der Wissenschaftler.

Typische COVID-19-Patienten

Die im Rahmen der Studie untersuchten verstorbenen Patientinnen und Patienten (23 Frauen, 16 Männer) waren im Mittel 85 Jahre alt. Alle wurden zu Lebzeiten mit einem Rachenabstrich positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet und entwickelten die für COVID-19 typische Lungenentzündung.

Nach ihrem Tod wurden sie zwischen dem 8. und dem 18. April gerichtsmedizinisch untersucht. Dabei wurden die für die späteren genetischen Untersuchungen notwendigen Gewebeproben entnommen.

„Die Patienten repräsentieren mit ihren altersgerechten Vorerkrankungen wie Bluthochdruck und koronare Herzerkrankung die typischen COVID-19-Patienten in Deutschland“, erklärt Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Co-Autor der Studie und Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums.

Er ergänzt: „Eine Limitation unserer Studie ist allerdings, dass wir bislang nur Verstorbene untersuchen konnten. Wichtig wird sein, diese Erkenntnisse in Zukunft an Überlebenden der Erkrankung zu validieren.“ (ad)

Autoren- und Quelleninformationen

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