Menstruelle Migräne

Jeden Monat dieselbe Qual: Neigt sich der Zyklus dem Ende, ist die nächste Migräneattacke nicht mehr fern. Bei menstrueller Migräne sind die Schmerzen zwar vorhersehbar, dafür häufig schwerer und lang anhaltender als unter normaler Migräne und mit den verfügbaren Therapieoptionen schwieriger zu behandeln. Den Zeitvorteil kann man dennoch nutzen: Mit einer sogenannten Kurzzeitprophylaxe kann die nächste Attacke gemildert oder sogar verhindert werden. Für welche Arzneimittel spricht die aktuelle Studienlage?

Um eine menstruelle Migräne handelt es sich, wenn die Attacken in der Zeitspanne von zwei Tage vor bis zu drei Tage nach dem Einsetzen der Blutung und mindestens während zwei von drei Zyklen auftreten. Kommt es auch außerhalb dieses Fensters zum Kopfschmerz, spricht man von einer menstruationsbedingten Migräne. Attacken während der Periode dauern länger als nicht-menstruelle Schübe, sprechen schlechter auf Arzneimittel an und können nach einer kurzzeitigen Besserung noch einmal mit voller Wucht zurückkommen. Vermutlich sind diese Besonderheiten in der Pathophysiologie begründet.

Noch viele Fragezeichen

Die Mechanismen im Hintergrund einer menstruellen Migräne sind noch immer nicht ganz verstanden. Sicher ist, dass Hormonschwankungen eine Rolle spielen. Dafür spricht nicht nur das periodische Auftreten, sondern auch die Änderungen in hormonell besonderen Situationen: So erfahren Betroffene in Schwangerschaft und Stillzeit meist eine Linderung, während in der Perimenopause die Migräne-Prävalenz steigt. Bisher konnte aber weder ein Unterschied in der absoluten Estrogen-Konzentration zwischen Frauen mit und ohne menstrueller Migräne, noch ein Grenzwert des Estrogen-Spiegels ausgemacht werden. 
 

Mehr zum Thema

Migräneprophylaxe

Hilft Magnesium bei Migräne?

Frauenärzte raten

Pausenlos verhüten bei Migräne

Chronisches Schmerzsyndrom vermeiden!

Endometriose: Histologische Sicherung für Progesteron-only-Pillen nicht erforderlich

Die Beteiligung der weiblichen Sexualhormone an der Pathogenese darf jedoch kaum bezweifelt werden. Sie können die Aktivität verschiedener Neurotransmittersysteme modulieren, die an Migräne sowie an der Schmerzübertragung im Allgemeinen beteiligt sind, darunter das opioide und das serotonerge System. Estrogen hat zudem Einfluss auf die Sensibilisierung von Trigeminusneuronen über pro­nozizeptive Neuropeptide wie das Calcitonin-Gen-verwandte Peptid (CGRP) – ein Schlüsselmolekül bei Migräne.

Was hilft im Akutfall?

Noch weniger ist bekannt über die Rolle von Prostaglandinen. Frauen mit Dysmenorrhö, bei denen der Schmerz durch Prostaglandine vermittelt wird, tragen ein höheres Risiko für menstruelle Migräne. Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), welche die Prostaglandin-Synthese hemmen, sind im Akutfall sicher und wirksam. Naproxen wartet mit einer vergleichsweise langen analgetischen Wirkung von zwölf Stunden auf (Diclofenac: ca. sechs Stunden, Ibuprofen: vier bis sechs Stunden) und hat sich in der Kurzzeitprophylaxe bewährt (siehe Interview-Kasten). Aufgrund der Häufigkeit, der Dauer und der Schwere von menstruellen Attacken muss das Risiko eines Arzneimittelübergebrauch-Kopfschmerzes im Auge behalten werden. Bei lang anhaltenden, intensiven Attacken sind Triptane indiziert. Ihre Wirksamkeit bei menstrueller Migräne ist belegt. Bei etwa der Hälfte der Patientinnen wirken sie allerdings weniger gut als bei Frauen mit Attacken außerhalb der Periode. 

Lieferengpass Allegro® (Frovatriptan)

Zur Markteinführung 2012 von Berlin-Chemie noch als das „Triptan für alle“ beworben, steht Frovatriptan (Allegro®) heute eher im Schatten seiner Verwandten Sumatriptan, Zolmitriptan, Rizatriptan und Naratriptan – außer bei menstrueller Migräne. Hier empfiehlt sich Frovatriptan, da seine Wirkung lange anhält. Zudem soll die Rate an Rezidiven und Nebenwirkungen geringer sein als unter Sumatriptan. Derzeit ist das Präparat Allegro® jedoch nicht lieferbar. Die Wirkstoffbeschaffung gestalte sich schwieriger als erwartet, begründet der Hersteller. Man gehe davon aus, erst ab Ende 2021 wieder lieferfähig zu sein.

Die Kombination mit einem NSAR kann sinnvoll sein, da sich hierdurch die Wirkdauer des Triptans verlängern lässt. Die Vertreter Almotriptan, Frovatriptan, Rizatriptan und Zolmitriptan zeigten in Studien eine äquivalente Wirksamkeit bei perimenstruellen Attacken in puncto zweistündige Schmerzlinderung, Schmerzfreiheit und anhaltende Schmerzfreiheit nach 48 Stunden. Frovatriptan stach aber mit der niedrigsten Rezidivrate heraus, vermutlich aufgrund seiner langen Halbwertszeit von 26 Stunden, und wird heute bevorzugt eingesetzt (siehe Kasten „Lieferengpass Allegro®“).

Quelle: Den ganzen Artikel lesen