Herz-Kreislauf-Tod innerhalb von zwei Stunden durch Fluglärm – Heilpraxis
Fluglärm kann zu Herz-Kreislauf-Tod führen
Derzeit ist die Lärmbelastung durch startende und landende Flugzeuge zwar aufgrund der Corona-Pandemie deutlich reduziert, doch bei regulärem Betrieb sind die Menschen, die in der Nähe von Flughäfen leben, oft extremen Fluglärm ausgesetzt. Dieser ist vor allem nachts ein enormes Gesundheitsrisiko und kann innerhalb kürzester Zeit zum Herz-Kreislauf-Tod führen, wie Forschende nun berichten.
Laut einer aktuellen Mitteilung des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) hat eine Studie zum ersten Mal gezeigt, dass lauter Fluglärm in der Nacht innerhalb von zwei Stunden zum Herz-Kreislauf-Tod führen kann. Die Studienergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift „European Heart Journal“ veröffentlicht.
Risikofaktor für die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit
Wer in der Nähe eines Flughafens lebt, hat meist mit starker Lärmbelastung zu kämpfen. Dabei kann der Lärm schnell zu einem gesundheitlichen Risikofaktor werden. So haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass Fluglärm unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und dadurch verursachte Todesfälle erhöht.
Die meisten Studien über Verkehrslärm und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit haben sich bisher auf die langfristige Lärmbelastung konzentriert. Diese Untersuchungen zeigen auf, dass chronische Lärmbelastung ein Risikofaktor für die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit ist.
Insgesamt können in Europa rund 48.000 Fälle von ischämischen Herzerkrankungen pro Jahr auf Lärmbelastung zurückgeführt werden, insbesondere auf Straßenverkehrslärm.
Lärmbelastung um den Flughafen Zürich
Jetzt wurde zum ersten Mal im Rahmen einer Studie unter der Leitung des Swiss TPH aufgezeigt, dass akuter nächtlicher Fluglärm innerhalb von zwei Stunden ab der Lärmbelastung einen Herz-Kreislauf-Tod auslösen kann.
Die Studie ergab, dass das Risiko eines Herz-Kreislauf-Todes bei einer nächtlichen Lärmbelastung zwischen 40 und 50 Dezibel um 33 Prozent und bei einer Belastung über 55 Dezibel um 44 Prozent steigt.
Um zu diesen Ergebnissen zu gelangen haben die Forschenden die Sterblichkeitsdaten mit der akuten nächtlichen Lärmbelastung um den Flughafen Zürich zwischen 2000 und 2015 verglichen.
Flugverbort verringert zusätzliche Todesfälle
„Wir haben festgestellt, dass zwischen 2000 und 2015 bei ungefähr 800 von 25’000 Herz-Kreislauf-Todesfällen in der Nähe des Flughafens Zürich Fluglärm die Ursache war. Dies entspricht drei Prozent aller beobachteten Herz-Kreislauf-Todesfälle“, erläutert Martin Röösli, Korrespondenzautor der Studie und Leiter der Einheit „Environmental Exposures and Health“ am Swiss TPH.
Röösli zufolge zeigen die Ergebnisse, dass Fluglärm ähnliche Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit haben kann wie Emotionen (beispielsweise Wut oder Aufregung). „Die Ergebnisse überraschen nicht, denn wir wissen, dass eine Lärmbelastung in der Nacht Stress verursacht und den Schlaf beeinträchtigt“, erklärt der Experte.
In ruhigen Gegenden mit wenig Eisenbahn- und Straßenverkehrslärm war die nächtliche Fluglärmwirkung stärker ausgeprägt. Dies war auch der Fall bei Personen, die in älteren, weniger isolierten und damit lärmanfälligeren Häusern wohnen.
Wie in der Mitteilung erklärt wird, gilt am Flughafen Zürich ein Flugverbot zwischen 23.30 und 6.00 Uhr. „Auf Basis unserer Studienergebnisse können wir folgern, dass dieses nächtliche Flugverbot zusätzliche Herz-Kreislauf-Todesfälle verhindert“, so Röösli.
Hilfreiches Studiendesign
Den Angaben zufolge wurde im Rahmen der Studie ein Case-Crossover-Design verwendet, um herauszufinden, ob die Fluglärmbelastung zum Zeitpunkt der Todesfälle im Vergleich zu zufällig gewählten Kontrollzeiträumen ungewöhnlich hoch war.
„Dieses Studiendesign ist sehr hilfreich, wenn man akute Auswirkungen der Lärmbelastung mit einer hohen täglichen Variabilität untersuchen möchte, wie im Falle von Fluglärm wegen wechselnden Wetterbedingungen oder Flugverspätungen“, erläutert Apolline Saucy, Hauptautorin der Studie und Doktorandin am Swiss TPH.
„Mit diesem zeitlichen Analyseansatz können wir die Wirkung ungewöhnlich hoher oder niedriger Lärmbelastungen auf die Sterblichkeit von anderen Faktoren abgrenzen. Faktoren, die auf den Lebenswandel zurückgehen, wie z. B. Rauchen oder schlechte Ernährung, stellen in diesem Studiendesign keine Verzerrung dar.“
Die Lärmbelastung wurde anhand einer Liste sämtlicher Flugzeugbewegungen beim Flughafen Zürich zwischen 2000 und 2015 sowie in Verbindung mit bereits vorhandenen Berechnungen der Fluglärmbelastung modelliert. Berücksichtigt wurden dabei der Flugzeugtyp, die Flugroute sowie Tages- und Jahreszeit. (ad)
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