Pflanzliche Stoffe können Kinder im Mutterleib schädigen – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

Auch pflanzliche Stoffe können Ungeborene schädigen

Schwangeren Frauen wird in der Regel geraten, sich gesund zu ernähren und auf bestimmte Lebensmittel besser zu verzichten, um ihr Kind nicht zu gefährden. Die Ernährung sollte möglichst frei von chemischen Zusätzen sein. Forschende berichten nun aber, dass auch „natürliche Stoffe“ den Fötus schädigen können.

Laut einer aktuellen Mitteilung der Universität Bern werden pflanzliche Stoffe, welche Schwangere über ihre Nahrung aufnehmen, von der Darmflora in chemische Substanzen zerlegt, welche teilweise die Plazentaschranke durchqueren und in den Fötus gelangen. Den Fachleuten zufolge können diese körperfremden Stoffe dem Ungeborenen schaden, auch wenn sie „natürlichen Ursprungs“ sind. Sie warnen daher davor, die Einwirkung solcher Stoffe zu unterschätzen.

Wir sind von Milliarden von Mikroben besiedelt

Alle Säugetiere und so auch wir Menschen sind von Milliarden von Mikroben besiedelt, die vor allem in unserem Darm leben, welche jedoch auch in den Atemwegen, auf der Haut und im Urogenitaltrakt zu finden sind.

In der Forschungsgruppe Gastroenterologie des Department for BioMedical Reserarch (DBMR) der Universität Bern (Schweiz) und am Inselspital, Universitässpital Bern, untersuchen Stephanie Ganal-Vonarburg und Andrew Macpherson das Zusammenspiel dieser gutartigen Darmmikroben mit dem Wirtsorganismus.

Positiver Einfluss auf das Immunsystem

Der positive Einfluss, den die Darmflora auf unser Immunsystem hat, ist bereits lange bekannt. Schon die mütterliche Darmflora hat einen Einfluss auf die Entwicklung des kindlichen Immunsystems im Mutterleib sowie direkt nach der Geburt.

Stephanie Ganal-Vonarburg und Andrew Macpherson haben in einem im Fachjournal „Science“ publizierten Übersichtsartikel die aktuellsten Kenntnisse darüber zusammengetragen, inwieweit die mütterliche Darmflora bei der Entstehung des kindlichen Immunsystems mitwirkt.

Die Fachleute fanden auch Hinweise darauf, dass die Wirkung pflanzlicher Stoffe, welche Schwangere über die Ernährung aufnehmen, in der Forschung bislang unterschätzt wurde und ein potenzielles Risiko für das Ungeborene darstellt.

Medikamente können die Entwicklung des Kindes stören

Die Forschung geht schon lange davon aus, dass der sich entwickelnde Embryo und Fötus komplett steril, das heißt in der Abwesenheit von besiedelnden Mikroben, heranwächst und dass die Besiedlung erst zum Zeitpunkt der Geburt stattfindet.

„Allerdings ist der Fötus trotz allem nicht vor mikrobiellen Stoffwechselprodukten, die von der Darmflora der Mutter abstammen, geschützt“, erklärt Ganal-Vonarburg.

Den Angaben zufolge bietet die Plazenta hier nur einen partiellen Schutz und der Kontakt mit mikrobiellen Substanzen führt bereits im Mutterleib zur Reifung des kindlichen angeborenen Immunsystems. Dies konnten schon vorherige Studien der Gruppe um Ganal-Vonarburg und Macpherson zeigen.

„Es ist üblich, dass Schwangere Medikamente nur unter Vorsicht und nach Absprache mit ihrem Arzt einnehmen, da viele Medikamente die Plazenta überqueren und die Entwicklung des Kindes stören können“, so Ganal-Vonarburg.

„Viel weniger ist allerdings darüber bekannt, welche natürlich vorkommenden Stoffe in der Nahrung auf das ungeborene Kind übergehen können und inwieweit dies förderlich oder schädlich für die Entwicklung des kindlichen Immunsystems sein kann“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Auch die Einnahme von Superfoods kann problematisch sein

Ganal-Vonarburg hat jetzt mit Andrew Macpherson aktuelle Forschungsresultate zusammengetragen und Hinweise darauf gefunden, dass Stoffwechselprodukte aus der Nahrung nicht nur direkt, sondern oft erst nach Verstoffwechselung durch die Darmflora in den mütterlichen Organismus und so auch in den sich entwickelnden Fötus gelangen können.

Dies gilt auch für die Einnahme von pflanzlichen Produkten, zum Beispiel Superfoods, die gerade in der Schwangerschaft als besonders gesund gelten, wie etwa Goji-Beeren oder Chia-Samen:

„Obwohl es sich bei pflanzlichen Produkten um „natürliche“ Stoffe handelt, sind es immer noch sogenannte xenobiotische, also körperfremde Substanzen, mit denen sehr vorsichtig umgegangen werden sollte“, erläutert Macpherson. „Gerade wenn Schwangere Produkte auf pflanzlicher Basis in grossen Mengen einnehmen“.

Die Forschenden empfehlen, dass zukünftige Studien untersuchen sollten, wie und welche Substanzen sich förderlich oder negativ auf die Entwicklung des Ungeborenen auswirken und welchen Einfluss Unterschiede in der mütterlichen Darmflora auf diesen Prozess haben können.

Wie das Immunsystem entsteht

Sobald das Baby den Geburtskanal der Mutter durchquert, beginnt die Besiedlung seiner Körperoberflächen mit der gutartigen Flora. Im Laufe der ersten Jahre reift diese dann zu einer komplexen Gemeinschaft an Mikroben heran.

Äußere Einflüsse, wie Entbindung (Spontangeburt, Kaiserschnitt), sowie Ernährung (Stillen oder Flaschennahrung) beeinflussen diesen Vorgang langfristig.

Parallel hierzu entwickelt sich das kindliche Immunsystem. Heute gilt als belegt, dass bestimmte mikrobielle Stimuli in dieser frühen Zeit das Immunsystem lebenslang prägen. (ad)

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