Null-Retaxe bei Fiebersäften: IKK classic macht weiter

Als im Winter wegen der Lieferengpässe Fiebersäfte für Kinder knapp waren, wurden einige Apotheken aktiv und stellten sie selbst her. Nun flatterten die ersten Null-Retaxationen der Krankenkassen ein, unter anderem weil Dosierungsangaben fehlten. Die IKK classic tat sich dabei hervor – DAZ.online fragte nach.

Zahlreiche Apotheken klagten in den vergangenen Tagen über eine Welle von Retaxationen. Es ging dabei hauptsächlich um im Winter – also der Zeit der extremen Lieferengpässe – in den Apotheken hergestellte Fiebersäfte. Die Krankenkassen zahlen also nicht nur kein Honorar für die Herstellung der Fiebersäfte, sie übernehmen auch die Sachkosten nicht. Begründet wird die Weigerung damit, dass auf den Rezepten die Angaben zur Dosierung nicht aufgeführt worden seien.

Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Hans-Peter Hubmann, bezeichnete das Gebaren der Krankenkassen am Montag als „perfides Spiel“. Durch ihren „Sparwahn“ seien keine Fiebersäfte für Kinder lieferbar. „Da wir unsere kleinen Patientinnen und Patienten und deren Eltern inmitten einer Erkältungswelle nicht unversorgt nach Hause gehen lassen wollten, haben wir die Fiebersäfte oft selbst hergestellt – und damit Kindern und Eltern schnell und unkompliziert weitergeholfen.“ Das Verhalten der Kassen zeige, „wie weit weg die Kassen-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter von der täglichen Versorgung sind. Es zeigt auch, wie wenig Menschlichkeit und Wertschätzung in den rund 100 Krankenkassen dieses Landes vorhanden ist“.

Dankbar für Einsatz der Apotheken, aber…

Insbesondere die IKK classic fiel durch eifrige Retaxierungen auf. DAZ.online fragte bei der Krankenkasse nach. Zunächst stellte sie am Dienstag klar, dass sie keine Null-Retaxierungen vorgenommen habe, „weil Fertigarzneimittel als Rezeptur hergestellt wurden“ – aber das hatte auch niemand behauptet. „Für ihren engagierten Einsatz sind wir den Apotheken sogar sehr dankbar“, heißt es weiter.

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Zur Begründung schreibt die IKK classic, man agiere bei Retaxierungen „stets mit Augenmaß“ und habe die „besondere Situation der Apotheken im Blick“. Allerdings würden „auch bei der Herstellung und Abgabe von Rezepturarzneimitteln arzneimittelrechtlich verankerte Sicherheitsregelungen“ gelten. Und so heißt es: „Wenn wir bei der Prüfung der Rezepte festgestellt haben, dass diese vereinbarten Regelungen (wie zum Beispiel die Angabe der Dosierung) nicht eingehalten wurden, haben wir Nullretaxe ausgesprochen. Diese Vorgehensweise werden wir beibehalten.“ Zum Schluss weist die Kasse noch darauf hin, dass im Dezember vergangenen Jahres Rezepte für Fieber- bzw. Schmerzmittel „im geringen zweistelligen Bereich retaxiert“ worden seien. „Das waren 0,002 Prozent von allen im Dezember 2022 mit uns abgerechneten Rezepten. Es handelt sich also nur um wenige Einzelfälle.“

ALBVVG: Einschränkung der Retaxationen?

Genug „Einzelfälle“, um der Apothekerschaft den Eindruck zu vermitteln, dass ihr besonderer Einsatz im Kampf gegen die Lieferengpässe nicht nur nicht honoriert, sondern im Gegenteil bestraft wird. Wie lange die IKK classic ihre „Vorgehensweise“ allerdings „beibehalten“ kann, ist fraglich. Zumindest sieht ein Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum Kabinettsentwurf des Engpass-Gesetzes (ALBVVG) Einschränkungen für Null-Retaxationen vor – unter anderem auch für den Fall, dass die Dosierangabe auf dem Rezept fehlt.

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