Mehr Unterstützung für Patienten
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening plädiert dafür, dass Patienten ihre Selbstanwendung von nicht oralen Arzneimitteln – wie Inhalativa, Ophtalmika oder Arzneimittel zur Injektion – einmal jährlich von Apotheken checken lassen sollen. Dieses Coaching gehört Overwiening zufolge durch die Krankenkassen dann als Hilfe zur Selbsthilfe dringend finanziert. Ist das ein Vorgeschmack auf die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen?
Die meisten Patienten habe keine Schwierigkeiten, eine Tablette zu schlucken – auch wenn selbst hier Einiges falsch laufen kann, wenn nicht teilbare Tabletten geteilt werden oder Nüchterneinnahmen nicht berücksichtigt werden. Doch: „Ungleich schwieriger ist die sichere Anwendung anderer Arzneiformen wie Inhalativa oder von Arzneimitteln, die sich Erkrankte selbst spritzen. Hier liegt vieles im Argen – ohne dass die Patientinnen und Patienten das ahnen“, sagt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Ihrer Meinung nach sichert „eine einmalige Beratung bei der Abgabe des Arzneimittels“ nicht eine dauerhaft „richtige Selbstanwendung“. Und weiter: „Hier wollen wir mehr tun.“ Der ABDA zufolge gaben Apotheke im Jahr 2020 rund 181 Millionen Arzneimittel ab, die unabhängig vom Wirkstoff allein wegen ihrer Darreichungsform besonders beratungsintensiv sind. Das waren 28 Prozent aller zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Medikamente.
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40 Prozent der Patient:innen mit dauerhaft mindestens drei Arzneimitteln wenden auch Arzneimittel an, die nicht geschluckt werden müssen – vor allem Inhalativa (14 Prozent), Ophtalmologika (13 Prozent) und Arzneimittel zur Injektion (12 Prozent). Das ergab eine von der ABDA in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage im März 2021.
Krankenkasssen sollen Coaching zahlen
Zwar fühlen sich laut der ABDA fast alle Patientinnen und Patienten im Umgang mit ihren Arzneimitteln sicher – doch wurde bei über der Hälfte der Anwender:innen eine korrekte Anwendung nie überprüft. Overwiening: „Unsere Patientinnen und Patienten wähnen sich teilweise in falscher Sicherheit. Es ist unerlässlich, sie besser zu unterstützen. Das kann nachhaltig nur funktionieren, wenn sich jemand aus dem Apothekenteam die Selbstanwendung von den Patienten und Patientinnen zeigen lässt, anschließend auf mögliche Anwendungsprobleme individuell eingeht und sie behebt. Dieses Coaching gehört durch die Krankenkassen einmal pro Jahr als Hilfe zur Selbsthilfe dringend finanziert.“
Die Vermutung liegt nahe, dass diese Service-Idee aus dem Katalog der pharmazeutischen Dienstleistungen stammt, den die ABDA seit Jahren streng unter Verschluss hält. Lediglich ein knappes Grundsatzpapier liegt bisher vor, das unter anderem auf das Coaching von Patientinnen und Patienten zur korrekten Anwendung von Arzneimitteln abzielt. Als Grund für die Geheimniskrämerei gab die Standesvertretung stets an, sie wolle vermeiden, dass sich die Kassen die Rosinen herauspickten, bevor überhaupt Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband gelaufen seien. Diese Verhandlungen gelten jedoch als gescheitert: Anfang September informierte der Deutsche Apothekerverband, man habe hierzu nun die Schiedsstelle angerufen, da keine Einigung zwischen dem Verband und dem Kassengremium in Sicht sei. Somit entfällt das Hauptargument der ABDA für die Geheimhaltung.
Der Gesetzgeber hatte mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) den Weg frei gemacht für neue honorierte Dienstleistungen in den Apotheken. Ab 2022 sollen hierfür jährlich 150 Millionen Euro bereitstehen. Zunächst muss jedoch klar sein, welche Dienstleistungen konkret vergütet werden sollen und vor allem in welcher Höhe. Diesbezüglich ist nun die Schiedsstelle am Zug.
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