Habe seit April keine Corona-Antikörper mehr: Jetzt spricht Deutschlands Patient 1

Heute vor sechs Monaten wurde der erste deutsche Corona-Fall bekannt. Der Mitarbeiter des Automobil-Zulieferers Webasto hielt sich seither in der Öffentlichkeit zurück. Jetzt meldet er sich zu Wort und erzählt, wie er die letzten Monate erlebt hat.

Am 27. Januar 2020 wurde der erste Corona-Fall in Deutschland bekannt. Ein Mitarbeiter des bayerischen Automobil-Zulieferanten Webasto hatte sich bei einer chinesischen Kollegin angesteckt. Jetzt, sechs Monate später, ist der Familienvater wieder vollständig genesen.

Eine Woche vor Bekanntwerden seiner Infektion hatte er ein einstündiges Meeting, bei dem auch eine Kollegin aus China anwesend war. "Wir haben uns die Hand gegeben. Dann saß ich neben ihr und trank Kaffee", erinnert er sich in einem Interview, das Webasto intern geführt und nun veröffentlicht hat. Mit dem Ausbruch der Epidemie in China habe sich der Mitarbeiter bis dahin noch kaum beschäftigt gehabt.

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1. Covid-19-Patient in Deutschland: Als Erstes dachte er an seine Familie

Umso überraschter war er, als ihn eine Woche später sein Vorgesetzter kontaktierte, um ihn darüber in Kenntnis zu setzen, dass die Kollegin aus China zwischenzeitlich positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurde. "Ich habe sofort an meine Familie gedacht. Am Wochenende hatte ich Fieber und Schüttelfrost, jedoch keine Atembeschwerden", erzählt der Webasto-Mitarbeiter weiter. "Trotzdem war ich sofort um meine schwangere Frau und um meine kleine Tochter besorgt. Ich wusste, dass ich mich sofort auf das Virus testen lassen muss."

Obwohl es zu diesem Zeitpunkt noch keine offiziellen Hinweise dazu gab, wie man sich nach dem Kontakt zu einer infizierten Person verhalten soll, ergriff der Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, sofort die Initiative und wandte sich an seinen Hausarzt. Der wiederum verwies ihn an das Münchner Tropeninstitut, wo er noch am selben Tag getestet wurde.

Im Anschluss an die Testung sei er nach Hause geschickt worden, um dort auf das Ergebnis zu warten: "An diesem Montagabend habe ich zum ersten Mal meiner Tochter keinen Gute-Nacht-Kuss gegeben und war auch auf Distanz zu meiner Frau."

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  • Am selben Tag kam das Ergebnis – und dann die 19-tägige Isolation

    Um kurz nach 20 Uhr habe dann das Telefon geklingelt: Der Test war positiv. "Mir wurde gesagt, dass ich mich sofort ins Schwabinger Krankenhaus begeben soll, zu einem bestimmten Gebäude und dort zu einer bestimmten Station. Ich sollte mich nicht an der Rezeption melden, sondern direkt auf das Gelände fahren, und man würde auf mich warten", erklärt der ehemalige Corona-Patient. 19 Tage verbrachte er dort, obwohl seine Symptome bis auf einen leichten Durchfall schon am Tag der Aufnahme abgeklungen waren.

    Um sich von der Einsamkeit abzulenken und weil er seinen Job sehr gerne macht, habe er auch im Krankenhaus weitergearbeitet. Bevor er nach seiner Entlassung wieder die Arbeit antreten durfte, habe er allerdings strenge Auflagen des Gesundheitsamts erfüllen müssen, bis "auch die letzte tote Virus-DNA" aus seinem Körper ausgeschieden war.

    Webasto-Mitarbeiter hat kaum jemanden angesteckt

    Erleichtert sei er gewesen, als er erfahren hat, dass er nur einen weiteren Kollegen angesteckt hatte. Auch der wurde im Schwabinger Krankenhaus behandelt, auch bei ihm war Covid-19 nur leicht ausgebrochen. Freunde und Familie habe der erste deutsche Corona-Infizierte ebenfalls nicht angesteckt – zu seiner eigenen Verwunderung: "Das ist für mich bis heute nicht nachvollziehbar, da ich eine volle Woche unbewusst dieses Virus in mir hatte und ich normal mit meiner Familie und Freunden zusammen war." Alle seien zwei Mal getestet worden, und beide Male negativ gewesen.

    Ich habe seit April keine Antikörper mehr.

    Heute, sechs Monate nach dem Bekanntwerden seiner Infektion, geht es dem Mitarbeiter "bestens". Er sei körperlich vollständig genesen und leide an keinen Spätfolgen.

    Allerdings sagt er: "Seit April habe ich keine neutralisierenden Antikörper mehr." Was das für seine Immunität gegen Sars-CoV-2 bedeutet, darüber diskutieren Wissenschaftler derzeit noch. Man geht aber momentan davon aus, dass dennoch ein gewisser Schutz besteht, und zwar durch sogenannte Gedächtniszellen.

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