Es gibt sie noch: Länder ohne Corona-Infektionen – so haben sie es gemacht
Die Welt ächzt unter der Coronavirus-Pandemie. Laut Johns-Hopkins-Universität wurde seit der ersten registrierten Ansteckung vor knapp einem Jahr bislang bei mehr als 56 Millionen Menschen eine Infektion mit dem Sars-CoV-2-Erreger nachgewiesen. Tendenz: weiter rasant steigend, vor allem in Europa, in Indien und auf dem amerikanischen Kontinent. Mehr als 1,3 Millionen Menschen sind an oder mit der Krankheit Covid-19 gestorben.
Die Pandemie gehört schon jetzt zu den größten Seuchen, die die Erde jemals heimgesucht haben. Die Folgen sind mitunter verheerend und noch lange nicht absehbar. Fast alle Staaten sind betroffen.
Erster Coronavirus-Fall in Samoa
An diesem Donnerstag meldete der Inselstaat Samoa im Südpazifik seinen ersten Fall. Ein Seemann sei positiv auf das Virus getestet worden, nachdem er von Europa aus über Neuseeland nach Samoa zurückgekehrt sei, sagte Premierminister Tuilaepa Sailele Malielegaoi. In seiner Rede an die Nation rief Malielegaoi die Bürger zur Ruhe auf. Der Plan der Regierung zum Umgang mit Covid-19 werde umgesetzt. Der Infizierte sei isoliert worden. "Damit kommen wir nun auf die Liste der Länder, die das Coronavirus haben", fügte der Premier hinzu.
Und doch gibt es weiterhin einige Staaten, die bislang noch nicht auf der Liste stehen – zumindest offiziell. Eine Übersicht:
Turkmenistan: Das zentralasiatische Land liegt zwischen Kasachstan Usbekistan, Afghanistan und dem Iran – und damit zwischen Staaten, die auf insgesamt mehr als eine Million registrierte Coronavirus-Infektionen kommen. Und doch zeigt die offizielle Statistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO)* für das Sechs-Millionen-Einwohner-Land eine Zahl an: 0. Nicht eine einzige Ansteckung soll es in Turkmenistan gegeben haben.
Dank der Vorsorge der Behörden "bis heute keinen einzigen Coronavirus-Fall", behauptete Staatschef Gurbanguli Berdimuchamedow bei der Eröffnung eines neuen Spezialkrankenhauses für "Infektionskrankheiten der Atemwege" sowie "durch Tröpfchen in der Luft übertragene Krankheiten" laut Nachrichtenagentur AFP am vergangenen Samstag.
Erhebliche Zweifel sind angebracht. Das Land wird autoritär geführt und die Machthaber weigern sich seit Monaten, die Realität anzuerkennen. Exil-Journalisten tragen Informationen aus Turkmenistan zusammen und beschrieben schon im Sommer, dass die Situation "außer Kontrolle" sei. Auf der Seite "Turkmen.News" wird an Opfer von Covid-19 erinnert. Es gab zudem Berichte über überfüllte Leichenhäuser, immer mehr Gräber auf Friedhöfen sowie vollkommen überlastete Krankenhäuser und Ärzte.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf der Führung des Landes vor, Informationen über die Pandemie in dem Land zu verheimlichen. Das Gesundheitspersonal werde zum Schweigen gebracht. Inzwischen wird die Bevölkerung von Turkmenistan immerhin zum Tragen von Masken angehalten – offiziell wegen hoher Feinstaubbelastung.
Das Auswärtige Amt hält in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen nüchtern fest: "Turkmenistan war bisher von Covid-19 in unbekanntem Ausmaß betroffen." Es gilt eine Reisewarnung, aber die Regierung des Landes hat ohnehin eine Einreisesperre verhängt.
Nordkorea: In der Volksrepublik liegt ein ähnliches Muster vor wie in Turkmenistan. Eine autoritäre Führung, die jede negative Nachricht über das eigene Land zu unterdrücken versucht, ein desolates Gesundheitssystem, Abschottung nach außen, wirtschaftliche Schwäche und keine Pressefreiheit. Als Resultat steht auch hier die Zahl 0 in den offiziellen Coronavirus-Statistiken. Im Rahmen einer Militärparade im Oktober sprach Diktator Kim Jong Un seinem Volk Dank dafür aus, dass das Land vom Coronavirus verschont geblieben sei.
Im Überblick: Aus diesen Staaten wurden bisher keine Coronavirus-Infektionen gemeldet
- Turkmenistan (zweifelhafte Angaben)
- Nordkorea (zweifelhafte Angaben)
- Föderierte Staaten von Mikronesien
- Tonga
- Nauru
- Tuvalu
- Palau
- Niue
- Cook-Inseln
- Kiribati
- Tokelau (Teil Neuseelands)
- St. Helena (britisches Überseegebiet)
- Pitcairn-Inseln (britisches Überseegebiet)
Stand: 19. November 2020
Lediglich im Juli meldete Nordkorea einen Corona-Verdachtsfall. Wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA meldete, habe es sich bei dem mutmaßlich Infizierten um einen Überläufer gehandelt, der nach drei Jahren in Südkorea nach Nordkorea zurückkehrte. Beobachter vermuten, dass das Virus aber schon vor der Grenzschließung zu China im Januar ins Land gelangte. Es gab bis dahin enge Handels- und Schmuggelverbindungen ins Nachbarland.
Die südkoreanische Internetzeitung "Daily NK" meldete unter Berufung auf anonyme Quellen schon im Juni, dass "mehr als 5.000 Menschen, die aus den Quarantäne-Einrichtungen des Landes entlassen wurden, gestorben sein" könnten. Allerdings lassen sich derartige Meldungen nicht unabhängig verifizieren.
Immerhin: Das Politbüro leugnet die Gefahr nicht und hatte im April eine Resolution verabschiedet, um striktere Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor dem Virus durchzusetzen. Das Auswärtige Amt gibt an, keine Informationen über das Ausmaß der Pandemie in Nordkorea zu haben.
Föderierte Staaten von Mikronesien: Doch es gibt auch Staaten, bei denen es deutlich glaubwürdiger erscheint, dass sie bislang nicht vom Coronavirus betroffen sind. Der größte von ihnen sind die Föderierten Staaten von Mikronesien mit ihren 115.000 Einwohnern auf mehr als 600 Inseln im Westpazifik. Es gibt dort nur drei größere Gesundheitszentren, sodass die Regierung eine Einschleppung und Verbreitung des Virus unbedingt vermeiden will und entsprechende Schutzvorkehrungen veranlasst hat.
Die Gesundheitszentren haben zusätzliches Geld erhalten. Zudem wurde ein Reiseverbot nach China und in "andere Länder mit bestätigten Fällen des Coronavirus" verhängt, wie unter anderem Radio New Zealand berichtete. Ebenfalls ist ein striktes Einreiseverbot in Kraft. Wer in den 14 Tagen vor der geplanten Ankunft in einem von der Pandemie betroffenen Land war, darf nicht einreisen. Die Schulen wurden vorübergehend geschlossen, die Bewohner wurden aufgerufen, Abstand voneinander zu halten. Es wurde ein fünfstufiges Warnsystem etabliert, das im Fall von nachgewiesenen Infektionen das öffentliche Leben erheblich einschränken würde.
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Tonga: Rund 160.000 Menschen leben auf den mehr als 170 Inseln im Südpazifik – und auch hier wurde noch keine Infektion mit dem Coronavirus nachgewiesen. Zwar hat das Land laut WHO eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, aber den Bewohnern wäre es recht, wenn es nicht für die Behandlung von Covid-19-Erkrankten benötigt wird. Auch Tonga geht nach dem Prinzip Abschottung vor, um sich zu schützen. Ausländer mussten den Staat zu Beginn der Pandemie verlassen, Bürger müssen nach Einreise 14 Tage in Quarantäne. Darüber hinaus sind auch die Menschen in Tonga aufgerufen, Abstandsregeln einzuhalten, das öffentliche Leben wurde vorübergehend lahmgelegt. Es gelten Ausgangssperren, Personenbegrenzungen und die Pflicht zur Bedeckung von Mund und Nase in der Öffentlichkeit, heißt es vom Auswärtigen Amt. Der internationale Flugverkehr ist ausgesetzt.
Die Maßnahmen in den Föderierten Staaten von Mikronesien und in Tonga stehen beispielhaft für das Vorgehen der Staaten, in denen bislang glaubhaft keine Coronavirus-Infektion nachgewiesen wurde. Strengste Abschottung nach außen, höchste Vorsicht im Innern. Wenn Einreisen überhaupt erlaubt sind, dann nur bei Einhaltung von Quarantänemaßnahmen. Auch Besatzungen von Handelsschiffen dürfen vielerorts nicht an Land gehen. Wer sich im Land bewegt, ist angehalten, alle Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen, Abstandhalten und Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes einzuhalten. Zahlreiche Einrichtungen des öffentlichen Lebens sind nur eingeschränkt geöffnet oder gar geschlossen, größere Versammlungen verboten.
Neben den Föderierten Staaten von Mikronesien und Tonga zählen laut WHO noch Nauru, Tuvalu, Palau, Niue, die Cook-Inseln und Kiribati zu den Staaten mit null Corona-Infektionen. Darüber hinaus gelten noch Tokelau, St. Helena, und die Pitcairn-Inseln zu den Gebieten ohne nachgewiesene Ansteckungen. Es handelt sich aber nicht um Staaten im engeren Sinne, sondern um britische Überseegebiete oder einen Teil von Neuseeland (Tokelau).
All diesen Staaten und Gebieten ist gemein, dass es sich um isolierte Inselgebiete mit überschaubarer Bevölkerungszahl handelt. Die Abschottung nach außen fällt dadurch leichter, die Einhaltung von Regeln im Land ebenso. Dennoch bedarf es weiterhin großer Anstrengungen der Regierungen und Bewohner, das Coronavirus aus ihren Ländern zu halten, wie die Behörden in ihren Bekanntmachungen immer wieder deutlich machen. Zudem stehen die Staaten durch ihre strenge Isolation vor großen Herausforderungen wirtschaftlicher Natur. Die Pandemie geht auch bei der Infektionszahl Null nicht spurlos an den Staaten vorbei.
* – alle Angaben vom 19. November 2020
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