Diabetes: Blockierte Darm-Hirn-Kommunikation als Auslöser? – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal
Neuer Ansatz zur Entstehung und Behandlung von Diabetes
Fast jede zweite Person in Europa ist übergewichtig, rund zehn Prozent der europäischen Bevölkerung leiden an Diabetes. Trotz der hohen Prävalenz sind die Ursachen für diese gravierende Volkskrankheit im Detail noch nicht ausreichend verstanden. Ein belgisches Forschungsteam fand nun ein neues Puzzlestück zur Enträtselung dieses komplexen Prozesses – und einen neuen Ansatz zur Behandlung.
Forschende der belgischen Université catholique de Louvain entdeckten eine Art „Störsender“ in der Kommunikation, die zwischen Darm und Gehirn stattfindet. Diese Störung scheint eine ordnungsgemäße Regulierung des Zuckerhaushaltes zu verhindern und so eine Insulinresistenz zu verursachen. Zudem fand das Team heraus, dass bestimmte Lipide dieser Fehlfunktion entgegenwirken, wodurch der Körper den Zuckerspiegel wieder besser regulieren kann. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „GUT“ präsentiert.
Kommunikation zwischen Darm und Gehirn
Bereits seit dem Jahr 2004 analysiert das Team um die Wissenschaftler Claude Knauf und Patrice Cani molekulare und zelluläre Mechanismen, mit dem Ziel, die Ursachen von Typ-2-Diabetes zu verstehen. Vor allem wollen die Forschenden so neue therapeutische Ziele identifizieren. Nun berichtet die Arbeitsgruppe von einem vielversprechenden Ansatz, der sich auf die Kommunikation zwischen Darmbakterien und dem Gehirn fokussiert.
Darm-Hin-Kommunikation regelt den Blutzucker
In ihren jahrelangen Forschungsarbeiten fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, dass die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn eine übergeordnete Rolle bei der Regulierung des Blutzuckers spielt.
Wie Darm und Gehirn den Zuckerspiegel regulieren
Im Darm werden beim Verdauungsprozess für den Körper nutzbare Nährstoffe wie Zucker und Fette aus der Nahrung gefiltert. Wie die Forschenden berichten, sendet der Darm während der Verdauung ein Signal an das Gehirn. Mit dieser Nachricht teilt der Darm dem Hirn mit, wie viel Zucker und Fette verfügbar sind. Das Gehirn leitet diese Botschaft an verschiedene Organe weiter, wie beispielsweise die Leber, Muskeln und das Fettgewebe. Die Organe passen dann aufgrund des Signals den Blutzucker- und Fettspiegel an.
Wenn der Darm keine Signale mehr sendet
Bei Personen mit Diabetes ist der aktuellen Studie zufolge dieser Prozess gestört. Der Darm sende keine oder fehlerhafte Signale an das Gehirn. Der Grund hierfür sei eine sogenannte Hyperkontraktilität des Darms. Das bedeutet, dass sich das Muskelgewebe im Darm von Diabetikerinnen und Diabetikern übermäßig häufig oder verstärkt zusammenzieht. Die unkontrollierten Kontraktionen stören die Signale, die an das Gehirn gesendet werden, wodurch das Gehirn nicht mehr den Befehl abgibt, den Zucker aus dem Blut zu holen, in Folge wird eine Überzuckerung (Hyperglykämie) hervorgerufen.
Um die Ursache für die Hyperkontraktilität bei Diabetes auf den Grund zu gehen, verglichen die Forschenden die Darmbakterien bei Mäusen mit ohne Diabetes. Zudem untersuchte das Team, wie sich Präbiotika auf die Darmflora auswirkten. Dabei entdeckte die Arbeitsgruppe, dass bei diabetischen Mäusen ein Mangel an einem bestimmten Lipid vorlag. Das Team bestätigte dieses Defizit auch bei Menschen mit Diabetes.
Neuer Wirkstoff gegen Diabetes und Darmentzündungen?
Bei dem Lipid handelt es sich um die sogenannte 12-Hydroxyeicosatetraensäure (12-HETE). Die Forschenden sprechen diesem Lipid eine Schlüsselrolle bei der Wiederherstellung der Zuckerregulierung zu. Sie betonen, dass solche Lipide essentielle Botenstoffe sind, die sehr präzise auf die Darm-Hirn-Kommunikation abzielen. Derzeit testet das Team, ob sich die Lipide zur Behandlung von Diabetes eigenen. Dazu könnte entweder die körpereigene Produktion angekurbelt oder die Lipide könnten über ein Medikament eingenommen werden.
Darüber hinaus entdeckten die Forschenden auch noch ein neues bioaktives Lipid, welches dazu beitragen könnte, Darmentzündungen zu reduzieren. Auch dieser Ansatz soll in weiteren Studien untersucht werden. (vb)
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