Corona-Impfstoff: Kann die zweite Injektion warten? – Heilpraxis

Knappe Mittel: Kann die zweite Corona-Impfung warten?

Zwar haben Ende Dezember in Deutschland die Impfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 und die durch den Erreger verursachte Krankheit COVID-19 begonnen, doch schon seit Tagen gibt es Kritik an dem schleppenden Impfbeginn. Da noch immer zu wenige Impfdosen vorhanden sind, wird diskutiert, ob die für einen besseren Schutz nötige zweite Injektion erst später gegeben werden soll. Doch macht das Sinn?

Der derzeit in Europa zugelassene Corona-Impfstoff entfaltet seine volle Wirkung erst nach zwei Injektionen. Doch das Mittel ist noch knapp. Daher soll geprüft werden, ob die zweite Dosis, die für einen besseren Schutz notwendig ist, erst später verabreicht werden sollte. So könnten mehr Menschen die erste Injektion erhalten. Kann die zweite Impfung aber wirklich warten?

Beträchtlicher Schutz schon nach erster Impfung

Möglichst schnell möglichst viele Menschen in der COVID-19 Pandemie zu impfen, rettet Leben, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI) in einer Stellungnahme.

Doch offenbar reichen die verfügbaren Impfdosen derzeit noch nicht, um sofort alle Risikogruppen zweimal zu impfen, sie so maximal zu schützen und schrittweise
Herdenimmunität zu erreichen.

Die Immunologinnen und Immunologen weisen darauf hin, dass bereits die
erste Impfung ab Tag 14 einen beträchtlichen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bieten kann.

Auf eine zweite Impfung darf nicht verzichtet werden, sie kann jedoch auch
später als an Tag 21 (bei dem Impfstoff „Comirnaty“ bzw. BNT162b2 von BioNTech/Pfizer) beziehungsweise Tag 28 (bei mRNA-1273 von Moderna) erfolgen.

Bei anderen Impfstoffen hat sich das laut den Fachleuten sogar als wirkungsvoller herausgestellt. Allerdings liegen für mRNA-Impfstoffe derzeit noch keine Studiendaten zu einem längeren Zeitfenster vor.

In dieser besonderen Pandemielage ist es der DGfI zufolge vertretbar, mit den jetzt vorhandenen Impfdosen möglichst vielen Menschen erst einmal die erste Immunisierung zu ermöglichen, und die zweite Impfung verzögert, aber zwingend innerhalb von 60 Tagen, nachzuholen.

Grundimmunisierung bei möglichst vielen Menschen

Angesichts der Knappheit der zugelassenen und verfügbaren Impfstoffe, und der trotz Lockdown-Maßnahmen noch immer sehr hohen Infektions- und Todeszahlen in der Pandemie, wird zur Zeit über die optimale SARS-CoV-2 („COVID-19“) Impfstrategie diskutiert.

Angeregt wird eine Verlängerung der Zeitspanne zwischen der ersten und der zweiten Impfung von 21 beziehungsweise 28 Tagen auf bis zu 60 Tage, um bei möglichst vielen Personen möglichst schnell eine Grundimmunisierung durch die erste Impfung zu erreichen.

Die Zulassung des Protokolls für die Anwendung des mRNA-basierten COVID-19-
Impfstoffs BNT162b2 („Comirnaty“ von BioNTech/ Pfizer) mit zwei Impfungen im Abstand von 21 Tagen beziehungsweise 28 Tagen bei mRNA-1273 (Moderna) basiert auf klinischen Studien, in denen keine anderen Intervalle getestet wurden.

Der Impfschutz beginnt frühestens 14 Tage nach der ersten Impfung und die hohe Effizienz von 94 beziehungsweise 95 Prozent wurde erst ab Tag sieben beziehungsweise 14 nach der zweiten Impfung dokumentiert.

Das Intervall orientiert sich an Erfahrungswerten mit anderen Impfstoffen und an dem Ziel, möglichst rasch einen maximalen Schutz für die Geimpften zu erreichen. Für eine maximale und nachhaltige Antikörperantwort ist jedoch eine zweite Impfung notwendig.

Antikörper und T-Zell-Antworten, die nach der zweiten Impfung gebildet werden, schützen generell besser und halten auch länger (immunologisches Gedächtnis). Allerdings ist weiterhin unklar, inwieweit die Geimpften nach der zweiten Impfung im Falle einer Infektion selbst noch infektiöse Viren produzieren und übertragen können.

Zeitintervall kann länger sein

Der Abstand von 21 Tagen zwischen erster und zweiter Impfung hat sich bei anderen Impfstudien als frühester Zeitpunkt für die zweite Impfung herausgestellt, da sonst die erste Immunreaktion die zweite Immunreaktion blockiert.

Erfolgt die zweite Impfung später als 21 Tage nach der ersten, kann die zweite Immunreaktion bei anderen Impfstoffen sogar noch fulminanter sein. Ob das auch bei den mRNA-basierten Impfstoffen so ist, könnte nur durch zusätzliche Studien gezeigt werden. Bisherige Ergebnisse zeigen aber, dass es ohne eine zweite Impfung keinen lang anhaltenden Schutz gegen den Erreger gibt.

Aus immunologischer Sicht kann das Zeitintervall für die zweite Impfung durchaus länger sein als 21 Tage, entscheidend ist aber, dass die zweite Impfung innerhalb von 60 Tagen erfolgt.

Verfügbare Impfdosen nicht zurückhalten

Die DGfI empfiehlt, umgehend begleitende wissenschaftliche Studien zur Auswirkung der Verlängerung der Impfintervalle auf bis zu 60 Tage durchzuführen und dabei die Menge an gebildeten neutralisierenden Antikörpern, insbesondere neutralisierendes sekretorisches IgA, als relevantes Vergleichsmaß zu nehmen.

Probandinnen und Probanden könnten Freiwillige aus medizinischem und Pflegepersonal sein, die selbst nicht zu gefährdeten Risikogruppen gehören.

Bis diese Ergebnisse vorliegen, wäre laut den Fachleuten angesichts der besonderen Pandemielage eine Flexibilität der zweiten Impfung für den Zeitraum von bis zu 60 Tagen nach der ersten Impfung vertretbar.

Das bedeutet, dass derzeit verfügbare Impfdosen nicht für eine zweite Impfung zurückgehalten, sondern für eine Erstimmunisierung von möglichst vielen Menschen der Risikogruppen verwendet werden sollten. (ad)

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