Jan Hofer taumelt in Tagesschau: Was einen verschleppten Infekt so gefährlich macht
Der populäre Nachrichtensprecher der ARD, Jan Hofer, erlitt vor laufender Kamera einen Schwächeanfall. Ein Medikament gegen eine verschleppte Grippe sei schuld gewesen, hieß es später. Welche schlimmen Folgen ein nicht auskurierter Infekt wirklich haben kann, erklärt Kardiologie-Professor Michael Böhme.
Jan Hofer, der routinierte und stets souveräne ARD-Nachrichtensprecher, erschreckte am Donnerstagabend das Publikum der „Tagesschau“: Die letzten Meldungen vor der Wetterkarte konnte er nur noch stockend vortragen – er taumelte. Danach musste er sich am Pult festhalten und wirkte als würde er gleich zusammenbrechen – da wurde der Bildschirm dunkel.
Auf besorgte Zuschauer-Nachfragen gaben Redaktion und Jan Hofer selbst noch am Abend Entwarnung. Es sei nur ein kleines Unwohlsein gewesen. „Ich nehme an, dass ich ein Medikament nicht vertrage, dass ich seit heute wegen einer verschleppten Grippe nehmen muss“ , beruhigte der beliebte Nachrichtensprecher sein Publikum aus dem Krankenhaus heraus.
Die Situation erinnerte an den 3. November 2016: Jan Hofer konnte seinen Part bei den „Tagesthemen“ nicht erfüllen und Kollegin Karin Miosga musste einspringen. Damals hatte der Magen des Tagesschausprechers rebelliert.
Beim jetzigen Zwischenfall waren die Sorgen im Sender wohl doch etwas größer gewesen, immerhin wurde ein Notarzt gerufen und Jan Hofer dann im Uniklinikum Hamburg Eppendorf durchgecheckt.
Unterschätztes Risiko: verschleppte Grippe
Tatsächlich liegt die Brisanz des Zwischenfalls im Stichwort „verschleppte Grippe“. Vermutlich hat der Tagesschausprecher die Risiken von nicht auskurierten Infekten unterschätzt – wie es viele Arbeitnehmer tun, die mit einer Erkältung und vielleicht sogar Fieber pflichtbewusst zum Dienst antreten. Die Symptome eines grippalen Infekts lassen sich schließlich mit Medikamente unterdrücken – und nach einer Woche sollte die Sache überstanden sein.
Dass dabei das Immunsystem extrem belastet wird, spüren die Betroffenen dadurch, dass der Infekt eben nicht nach einer Woche vergessen ist:
Der Schnupfen setzt sich in den Nasennebenhöhlen fest, oder aus dem harmlosen Husten wird eine schwere Bronchitis und schließlich eine Lungenentzündung. Oder die Betroffenen fühlen sich anhaltend angeschlagen, kraftlos, schnell erschöpft und außer Atem. Vielleicht schlägt auch das Herz unregelmäßig.
Lunge und Herz sind besonders gefährdet
Professor Michael Böhme, Kardiologe am Universitätsklinikum des Saarlands, sagt: „Die gravierendsten Folgen einer (verschleppten) Grippe sind eine bakterielle Lungenentzündung und eine kardiale Beteiligung. Das können neben einer Herzmuskelentzündung auch Rhythmusstörungen sein.“
Laut einem Bericht in „Bild“ stellte die Klinik-Untersuchung bei Jan Hofer leichte Herzrhythmusstörungen fest. Im Zusammenhang mit einer verschleppten Grippe tritt der unregelmäßige Herzschlag meist bei körperlicher Belastung auf. Rhythmusstörungen können von harmlosem Herzstolpern (Extrasystolen) über das bei älteren Menschen weit verbreitete Vorhofflimmern bis zum lebensbedrohlichem Kammerflimmern reichen.
Auslöser der Herzmuskelentzündung sind Erkältungsviren, die kardiotrop sind, also aufs Herz gehen. Bis zu fünf Prozent aller durch Viren ausgelösten Erkrankungen ziehen auch das Herz in Mitleidenschaft. „Genaue Zahlen für die Myokartitis als Folge einer Grippe gibt es allerdings nicht“, sagt Michael Böhme.
Eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis)kann fast unbemerkt verlaufen und ohne Folgen von selbst nach sechs Wochen ausheilen. Das tritt auf etwa zwei Drittel zu. Bei den restlichen kommt es zu Vernarbungen am Herzen und es kann sich eine bleibende Herzschwäche (Herzinsuffizienz) entwickeln. Und schlimmstenfalls löst die Entzündung später den plötzlichen Herztod oder einen Herzinfarkt aus.
Plötzlicher Herztod bei jungen Sportlern durch verschleppte Grippe
Eine Studie am Robert Bosch Krankenhaus in Stuttgart hat diesen Zusammenhang schon vor einigen Jahren nachgewiesen. Die Studie könnte auch die Erklärung liefern, warum vor allem Sportler häufig den plötzlichen Herztod erleiden. Leistungssportler, aber auch ehrgeizige Freizeitathleten trainieren oft, wenn ein Infekt noch nicht richtig ausgeheilt ist und schädigen damit ihr Herz. Ähnlich ist es, wenn berufliche Belastungen in Kauf genommen werden, obwohl Bettruhe angemessen wäre.
In jedem Fall ist nach überstandener Myokarditis eine längere Schonung nötig. Zwischen drei und sechs Monate können vergehen, bis ein Patient wieder voll belastbar ist.
Auch Dehydrierung und Fieber können Schwächeanfall auslösen
Wie sehr bei Jan Hofer tatsächlich das Herz angegriffen war, wissen wir nicht. Auch, welches Medikament gegen die Folgen der verschleppten Grippe er nicht vertragen hat, ist unbekannt. Kardiologe Böhme meint eher, dass die Schwäche des Tagesschausprechers eine direkte Folge der Grippe waren: „Dehydrierung und vielleicht noch Fieber können durchaus eine momentane Kreislaufschwäche verursachen.“
Aber der Zwischenfall sollte dem 69-jährigen Jan Hofer klar gemacht haben, dass er auch mal krank sein und sich in Ruhe auskurieren darf. Die ARD-Tagesschau wird auch ohne ihn pünktlich um 20 Uhr beginnen.
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