Lauterbach hält an AMTS-Prüfung durch Krankenkassen fest

Dass die Krankenkassen künftig automatisierte AMTS-Prüfungen für ihre Versicherten vornehmen dürfen sollen, stößt bei der ABDA auf Ablehnung. In der Kabinettsvorlage eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach diese Norm im Vergleich zum Referentenentwurf nochmals angepasst – das Ergebnis dürfte die Standesvertretung jedoch nicht zufriedenstellen.

Mit seinem Entwurf eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG) will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) insbesondere die Bereitstellung gesundheitsbezogener Daten zu Forschungszwecken voranbringen. Doch auch die unmittelbare Patientenversorgung nimmt er ins Visier. So war in seinem Referentenentwurf des Gesetzes vorgesehen, dass Krankenkassen die ihnen vorliegenden Informationen ihrer Versicherten zum Beispiel für automatisierte Prüfungen der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) verwenden dürfen. 

Das ist keine gute Idee, findet die ABDA: Sie fürchtet, dass zum Beispiel Hinweise auf Wechselwirkungen zu Verunsicherung aufseiten der Patientinnen und Patienten führen könnten und fordert in ihrer Stellungnahme zum Entwurf, dieses Vorhaben fallenzulassen. Die Apothekerkammer Berlin wird vor diesem Hintergrund einen Antrag beim Deutschen Apothekertag zur Abstimmung stellen, in dem sie auf eine klare Abgrenzung der Kompetenzen von Heilberuflern und Kassen pocht.

Mehr zum Thema

Referentenentwurf eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes

Krankenkassen sollen automatisierte AMTS-Prüfung vornehmen dürfen

Stellungnahme zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz

ABDA will automatisierte AMTS-Prüfung durch Krankenkassen streichen

Im Vergleich zum Referentenentwurf hat Lauterbach nun noch einmal Hand an den umstrittenen Passus gelegt. In der Kabinettsvorlage, die er am heutigen Mittwoch seinen Ministerkolleginnen und -kollegen vorstellen wird, ist nun vorgesehen, einen neuen § 25b SGB V zu schaffen. Im Referentenentwurf war noch ein neuer § 287a SGB V geplant – damit wandert die Norm aus dem Kapitel Versicherungs- und Leistungsdaten, Datenschutz, Datentransparenz (Erster Titel: Grundsätze der Datenverarbeitung) in das Kapitel Leistungen der Krankenversicherung (Vierter Abschnitt: Leistungen zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten).

Kaum inhaltliche Änderungen

Inhaltlich sind die Anpassungen überschaubar und betreffen vor allem die Struktur der geplanten Norm. Noch immer sollen die Kassen für ihre Versicherten in bestimmten Fällen datengestützte Auswertungen vornehmen dürfen, mit dem Ziel, den Gesundheitsschutz zu verbessern, sofern der Versicherte der Datenverarbeitung nicht ausdrücklich widersprochen hat. Das umfasst auch das Erkennen „von schwerwiegenden Gesundheitsgefährdungen, die durch die Arzneimitteltherapie entstehen können“. Stellt die Kasse dabei eine konkrete Gesundheitsgefährdung für einen Versicherten fest, hat sie ihn darauf hinzuweisen – laut Kabinettsvorlage nun in präziser, transparenter, verständlicher Weise und in einer klaren und einfachen Sprache.

Abgewandelt hat Lauterbachs Ministerium allerdings den damit verbundenen Verweis auf die Leistungserbringer: Im Referentenentwurf war noch die Rede davon, die Unterrichtung durch die Krankenkassen sei als „unverbindliche Empfehlung auszugestalten, medizinische Unterstützung eines Leistungserbringers in Anspruch zu nehmen“. Nun heißt es, der Hinweis sei „mit einer Empfehlung zu verbinden, eine ärztliche, zahnärztliche, psychotherapeutische oder pflegerische Beratung in Anspruch zu nehmen“. Die Apotheken spielen dabei also auch nach der neuen Formulierung keine Rolle. Neu ist übrigens auch, dass der GKV-Spitzenverband das Ausmaß der Nutzung und die Folgen der Neuregelung evaluieren und dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich Bericht erstatten soll – erstmals zum 30. Juni 2026.

BMG präzisiert Begründung

Gefeilt hat man im Hause Lauterbach vor allem an der Begründung zur kassenseitigen AMTS-Prüfung. Darin präzisiert das Ministerium jetzt, in welchen Fällen sich eine solche Prüfung anbietet: „Wenn wirkstoffgleiche Präparate mit unterschiedlichen Handelsnamen von unterschiedlichen Leistungserbringern verschrieben worden sind, schwerwiegende unbeabsichtigte Arzneimittelwechselwirkungen naheliegen, oder ein Präparat über die regelmäßig erforderliche Anwendungsdauer hinaus eingenommen wird, drohen potenziell lebensbedrohliche Komplikationen“, schreibt es.

Während in den meisten Fällen die Arzneimitteltherapiesicherheit ohne Mitwirken der Kassen gewährleistet sei, können demnach von den Krankenkassen ausgesprochene Hinweise zum Aufsuchen eines Leistungserbringers insbesondere dann hilfreich sein, wenn der betroffene Versicherte längere Zeit keine ärztliche Beratung in Anspruch genommen hat oder von mehreren Ärzten beraten wird, die nichts voneinander wissen, und die verschriebenen Rezepte in unterschiedlichen Apotheken eingelöst werden. „Kein einzelner Leistungserbringer hätte in diesem Fall die Möglichkeit gehabt, den Versicherten adäquat beraten zu können“, betont das BMG. Nur bei den Krankenkassen liefen derzeit automatisch alle Daten zusammen, um die oben geschilderten Gefährdungen zu erkennen.

ABDA-Forderung nach Streichung bleibt unberücksichtigt

Aus Sicht der ABDA dürften die Änderungen im Vergleich zum Referentenentwurf nicht ausreichen. Sie hatte in ihrer Stellungnahme dafür plädiert, den entsprechenden Passus ersatzlos zu streichen. Denn der freiwillige Einsatz von Verfahren zur Auswertung größer Datenmengen mithilfe von Algorithmen oder Künstlicher Intelligenz stelle hohe Anforderungen an die Qualität dieses Vorgehens sowie an die Kompetenz der Entwickler, argumentiert sie. „Auch hinsichtlich der Interpretation der vermeintlichen Ergebnisse bedarf es einer Behandlungsexpertise, die weder in der erforderlichen Qualität noch Quantität bei den Krankenkassen vorhanden ist“, unterstreicht die Standesvertretung.

Denkbar seien allenfalls „fachliche Hinweise an die behandelnden Leistungserbringer, damit diese aufgrund der bei ihnen vorhandenen vollständigen persönlichen Kenntnis aller relevanten Umstände die ihnen allein obliegende, mit den Patientinnen und Patienten abzustimmende Therapieentscheidung fällen können“. Die Betroffenen mit solchen Hinweisen allein zu lassen, könne „zu Verunsicherungen bis hin zu möglicherweise riskanten Entscheidungen, wie beispielsweise dem eigenmächtigen Absetzen eines Arzneimittels“ führen, warnt sie.


Quelle: Den ganzen Artikel lesen