Erstmals menschlicher Embryo im Labor erzeugt

Leben aus dem Labor: Die neuen Erkenntnisse mit dem ersten gezüchteten, menschlichen Embryo sollen helfen, genetische Krankheiten und Fehlgeburten besser zu verstehen. Die bahnbrechende Arbeit wirft jedoch auch ethische und rechtliche Fragen auf.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um die britisch-polnische Entwicklungsbiologin Magdalena Zernicka-Goetz ist es offenbar erstmals gelungen, menschliche Embryonen im Labor herzustellen. Sie sind nicht, wie etwa bei einer künstlichen Befruchtung, aus der Fusion einer natürlichen Eizelle mit einem natürlichen Spermium entstanden, sondern wurden aus embryonalen Stammzellen hergestellt. Das geht aus einem Bericht des „ Guardian “ hervor.

Dem Bericht zufolge ähnelt das Gewebe frühesten Stadien der menschlichen Entwicklung und geht knapp über das 14-tägige Entwicklungsstadium eines natürlichen Embryos hinaus. Es erreicht damit den Beginn eines Entwicklungsmeilensteins, der als Gastrulation bezeichnet wird. Das ist der Zeitpunkt kurz bevor sich der Embryo von einem Zellkörper in die Bildung verschiedener Zelllinien verwandelt und so die grundlegenden Achsen des Körpers ausbildet.

Die Strukturen haben zwar weder ein schlagendes Herz noch die Anfänge eines Gehirns, enthalten aber Zellen, aus denen sich normalerweise die Plazenta, der Dottersack und der Embryo selbst bilden würden.

Erstmals menschlicher Embryo künstlich erzeugt – was das bedeutet

Dem Team von Zernicka-Goetz sowie einer konkurrierenden Gruppe am Weizmann-Institut in Israel war es Ende des vergangenen Jahres bereits gelungen, synthetische Mausembryos aus Stammzellen zu erschaffen. Seitdem ist ein Wettlauf um die Übertragung dieser Arbeit auf menschliche Modelle im Gange. Nun der mutmaßliche Durchbruch. Nie zuvor ist ein menschlicher Embryo ohne Keimzellen erzeugt worden.

Doch was bedeuten die Forschungsergebnisse nun konkret? In naher Zukunft besteht keine Aussicht auf eine klinische Verwendung der synthetischen Embryonen. Es wäre illegal, sie in die Gebärmutter eines Patienten einzupflanzen. Auch ist laut „Guardian“-Bericht unklar, ob sie das Potenzial haben, über das Entwicklungsstadium hinaus weiter zu reifen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen jedoch mit ihrer Arbeit einen entscheidenden Einblick in die Auswirkungen genetischer Krankheiten und die biologischen Ursachen wiederkehrender Fehlgeburten geben zu können.

Noch gibt es keine offizielle wissenschaftliche Publikation

Noch gibt es keine offizielle wissenschaftliche Publikation zur Studie. Entsprechend zurückhaltend sind erste Einordnungen von Experten. „Ohne eine detaillierte Preprint- oder Peer-Review-Studie ist es nicht möglich, die wissenschaftliche Bedeutung zu kommentieren“, meinte etwa James Briscoe, Stammzellforscher am Francis-Crick-Institute.

Generell hätten synthetische Modelle menschlicher Embryonen, die aus Stammzellen erzeugt wurden, aber ein großes Potential. Die humanen Embryomodelle könnten „grundlegende Erkenntnisse über kritische Phasen der menschlichen Entwicklung“ liefern. „Diese Stadien waren bisher nur sehr schwer zu erforschen, und es ist eine Zeit, in der viele Schwangerschaften scheitern“, sagte Briscoe.

Ethische und rechtliche Fragen noch offen – Experten fordern Regulierung

Doch die Arbeit werfe auch ernste ethische und rechtliche Fragen auf. Die im Labor gezüchteten Embryonen fallen nicht unter die geltenden Rechtsvorschriften vieler Länder. „Anders als bei menschlichen Embryonen, die durch In-vitro-Fertilisation entstanden sind und für die es einen festen Rechtsrahmen gibt, gibt es derzeit keine klaren Vorschriften für aus Stammzellen gewonnene Modelle menschlicher Embryonen“, erläutert Briscoe. Es bestehe „dringender Handlungsbedarf“.

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass wir bald eine Technologie entwickeln werden, um diese Zellen über die 14-Tage-Grenze hinaus zu züchten“, sagte Genomforscherin Ildem Akerman von der Universität Birmingham. „Dennoch rechtfertigt die Fähigkeit, etwas tun zu können, nicht, es zu tun; es sollten ethische Rahmenbedingungen geschaffen und beibehalten werden.“

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