"Alkohol ist die viel gefährlichere Droge" – Psychotherapeuten für Legalisierung von Cannabis
Die Bundespsychotherapeutenkammer hat sich für eine Legalisierung von Cannabis und strengere Regeln beim Verkauf von Alkohol ausgesprochen. In einer Stellungnahme erklärte die Kammer, beide Substanzen sollten zukünftig nur noch in lizensierten Fachgeschäften vertrieben werden. Zudem sollten alle legalen Drogen nur noch an Personen ab 18 Jahren verkauft werden dürfen, so die Vereinigung.
Psychotherapeutenkammer spricht sich für Cannabis-Legalisierung aus
Insbesondere die klare Positionierung für eine Legalisierung von Cannabis wirkte überraschend, da in der Vergangenheit Ärzte und Wissenschaftler immer wieder vor den Gefahren von Cannabis-Konsum, insbesondere bei Heranwachsenden, gewarnt hatten. Auf Anfrage des stern erklärte Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer hierzu: " Die derzeitige Drogenpolitik ist bei Cannabis gescheitert. Verbote und Kriminalisierung helfen uns nicht weiter."
Stattdessen wünscht sich die Kammer einen offenen Umgang mit dem Thema Drogen. Aufklärung und Prävention seien in diesem Zusammenhang wirksamer, um ohne Stigmatisierung über Substanzen sprechen zu können. Das Ziel bleibe das gleiche", betont die Kammer: "Drogenmissbrauch und -abhängigkeit vermeiden". In dieser Frage betonte Munz gegenüber dem stern allerdings: "Ein drogenfreies Leben ist für jeden Einzelnen wünschenswert, aber in Gänze nicht realistisch." Cannabis sei nicht harmlos und berge insbesondere das Risiko von Psychosen. Doch der Gebrauch von Cannabis nehme trotz Verbot seit Jahrzehnten zu.
Drogenbeauftragter Burkhard Blienert
"Bei Cannabis ist das Strafrecht kein Instrument, das hilft"
Zudem verwies Munz auf Studien aus anderen Ländern, in denen Cannabis legalisiert wurde – mit geringer Auswirkung auf die Zahl der Konsumenten: "In Ländern, in denen Cannabis legalisiert wurde, konnten wir beobachten, dass der Konsum von Jugendlichen nicht und der von Älteren nur leicht zugenommen hat."
Um die Freigabe zu regulieren, schlägt die Kammer vor, den Gehalt des psychoaktiven Wirkstoffs THC auf höchstens 15 Prozent zu beschränken.
„Alkohol ist die viel gefährlichere Droge als Cannabis“
Neben der Legalisierung von Cannabis hat die Psychotherapeutenkammer vor allem den sehr laxen Umgang mit Alkohol in Deutschland im Blick. Auch Alkohol könne bei übermäßigem Konsum zu schweren psychischen Erkrankungen führen. Dabei sei die Droge in Deutschland extrem günstig und praktisch rund um die Uhr verfügbar. Munz stellt klar: "Alkohol ist die viel gefährlichere Droge als Cannabis. Genau deshalb wollen wir den Alkoholverkauf kontrollieren."
Jede und jeder Fünfte in Deutschland trinke riskant viel Alkohol. Dies könne tödlich sein, so die Kammer. Cannabis gelte dagegen als moderat schädliche Droge.
Die Psychotherapeutenkammer schlägt für den Verkauf ein ähnliches Modell wie bei dem Vertrieb von Cannabis vor: Demnach wünscht sich die Kammer, dass beide Substanzen nur noch in lizensierten Geschäften verkauft werden soll, in denen fachkundiges Personal arbeitet, um die Abgabe strenger zu kontrollieren. Hinzu käme ein Alkoholverkaufsverbot für Minderjährige.
Nein zu Bier und Wein
Ich trinke seit Jahren keinen Alkohol – muss mich dafür aber immer wieder erklären
Das größte Problem in Bezug auf Alkohol sei aber der Preis. Hier schlägt die Kammer eine Steuererhöhung vor, um den Preis einzelner Getränke zu erhöhen: "Eine höhere Steuer ist das wirksamste Mittel, um den Verkauf von Alkohol zu senken", so Munz. In anderen Ländern wie etwa in Skandinavien oder Australien ist der Alkoholkonsum nach einer Steuererhöhung stark gefallen.
Psychotherapeutenkammer stützt Kurs des Drogenbeauftragten
Mit ihrer Stellungnahme stützt die Psychotherapeutenkammer in weiten Teilen den Kurs des Drogenbeauftragten des Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD).
Im Interview mit dem stern betonte auch Blienert vor einigen Wochen, das Strafrecht sei mit Blick auf Cannabis "kein Mittel, das wirkt." Auch Blienert plädierte für eine Freigabe und den Verkauf in lizensierten Geschäften, um den Verkauf zu regulieren.
Zudem sprach sich der SPD-Politiker für ein Alkoholverkaufsverbot für Minderjährige, und ein Werbeverbot für Alkohol und Tabak aus. Auch Blienert kritisierte die günstigen Alkohol-Preise in Deutschland und das niedrigschwellige Angebot, etwa in Supermärkten und Tankstellen.
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