Notarzt schildert dramatische Lage auf Intensivstationen: Sterben Menschen, die nicht hätten sterben müssen

Die Corona-Lage in Deutschland ist zunehmend kritisch. Besonders spür- und sichtbar ist das in den Kliniken und auf den Intensivstationen. Ein Notarzt berichtet nun mit drastischen Worten von Extremsituationen auf der Intensivstation – dabei schwingt deutlich seine Verzweiflung mit.

Es sind Worte, die bewegen. Weil deutlich wird, wie sehr die aktuelle Corona-Lage die medizinischen Kräfte belastet und wie sehr sie sich im Stich gelassen fühlen. Auf Twitter teilte ein Notarzt, der anonym bleiben will, nun einen Einblick in seine Arbeit auf der Intensivstation.

"Die Zustände werden immer schlimmer. Es geht einfach alles kaputt. Hier sterben Menschen, die nicht hätten sterben müssen", schreibt er. "Weil alle überfordert oder überarbeitet oder schlecht ausgebildet sind oder alles zusammen. Weil Personal fehlt, weil 70-80h/Woche viel zu viel sind."

Notarzt beschreibt dramatische Lage auf Intensivstationen

Dann nennt er Beispiele, die den Personalmangel auf dramatische Weise untermauern:

"Es findet keine Mobilisation statt, weil keine Physios da sind (tiefe Beinvenenthrombose > Lungenembolie). Da werden Medikamente von Praktikanten gestellt, weil niemand sonst da ist (Verwechslung > Überdosierung Schmerzmittel > Reanimation light, gerade noch entdeckt)", schreibt er mit drastischen Worten.

Oder: "Ein Patient auf der Intensivstation klagt über Luftnot, bekommt Inhalationen, Sauerstoff wird aufgedreht, wird mir erst gemeldet, als er schon fast reanimationspflichtig ist. Die Aushilfe von der Normalstation hat die Fehllage eines Katheters nicht erkannt."

Die Liste gehe "weiter und weiter und weiter".

"Das System geht kaputt und wir alle (Du auch!) sind die Leidtragenden"

Er kritisiert: "Die Ausbildung wird immer schlechter, die Qualifikationen bröckeln. Geräte gehen kaputt und werden gar nicht oder nur provisorisch geflickt." Das könne jeder, der im Gesundheitssystem tätig ist, bestätigen. Tatsächlich haben diesen expliziten Beitrag bereits über Tausend Twitter-Nutzer mit einem Herz bestätigt.

Der Notarzt fordert bessere Arbeitsbedingungen für das medizinische Personal – mit besserem Gehalt für alle, mehr Zeit für die Patienten, eine gute Ausbildung und mehr Personal.

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"Mit Konsequenzen leben, mit toten Angehörigen, die noch leben könnten"

Was passiert, wenn sich nichts an dem aktuellen Zustand ändert? Auch das beschreibt er mit drastischen Worten: "Oder wir machen so weiter – aber dann gewöhnt Euch dran, mit den Konsequenzen zu leben. Mit toten Angehörigen, die noch leben könnten. Mit Langzeitschäden durch zu späte oder falsche Behandlungen. Wir sind daran nicht Schuld, wir sind selber Opfer dieses Systems."

Übrigens betont der Notarzt auch: "Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass ohne Corona alles gut wäre." Corona sei nur ein Teil des Problems, ein Brandbeschleuniger. "Es brennt schon lange und lichterloh, jetzt brennt es eben noch ein bisschen mehr und schneller."

Zum Thema: Großer Überblick – Dramatische Lage auf Intensivstationen: In 53 Kreisen ist kein einziges Bett mehr frei

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