Verlängerte Impfabstände schaden Immunantwort nicht

Als zu Beginn der Impfkampagnen die COVID-19-Impfstoffe knapp waren, dehnten viele Länder die Impfabstände zwischen der ersten und zweiten Comirnaty-Impfung. War das klug? Oder beeinträchtigte diese Entscheidung die Impfeffektivität der Pfizer/Biontech-Vakzine? Wissenschaftler:innen aus dem Vereinigten Königreich fanden nun heraus, dass sich ein längeres Impfintervall sogar hinsichtlich der neutralisierenden Antikörperspiegel günstig ausgewirkt hat.

Mit Beginn der Impfkampagne war Comirnaty® (Pfizer/Biontech) bei ab 16-Jährigen zugelassen, geimpft wurden zwei Impfdosen im Abstand von drei Wochen. Nun war allerdings mit Start der Impfungen der COVID-19-Impfstoff alles andere als üppig vorhanden. Aus pragmatischen Gründen verlängerten viele Länder, unter anderem Deutschland und das Vereinigte Königreich, deswegen die Impfabstände zwischen den einzelnen Dosen, um möglichst vielen Menschen so schnell wie möglich zumindest einen Grundschutz mit einer ersten Dosis verabreichen zu können. In Deutschland erhielten Impfwillige ihre beiden Comirnaty®-Dosen deswegen im Abstand von drei bis sechs Wochen, im Vereinigten Königreich sogar in bis zu zwölfwöchigem Abstand.

Diese Entscheidung zu den gedehnten Impfabständen stützte man auf Ergebnisse der Zulassungsstudien, auf Erfahrungen mit anderen Impfstoffen und Modellierungen. So schützte Comirnaty® (BNT162b2) laut der zulassungsrelevanten Studie nach einer ersten Dosis mit einer Impfwirksamkeit von 52 Prozent vor symptomatischen SARS-CoV-2-Infektionen. Das Joint Committee on Vaccination and Immunisation (JCVI) des Vereinigten Königreichs schätzte die Impfwirksamkeit mit 89 Prozent sogar deutlich höher ein.

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Doch wie erfolgreich war die Strategie? Hat sie den Impfschutz tatsächlich nicht beeinträchtigt? Antworten auf diese Fragen liefern nun Wissenschaftler aus dem Vereinigten Königreich. Ihre Arbeit erscheint unter „Immunogenicity of standard and extended dosing intervals of BNT162b2 mRNA vaccine” im Fachjournal „Cell“. Sie bestimmten die T-Zell- und Antikörper-Reaktionen nach der ersten Dosis des BNT162b2-mRNA-Impfstoffs und verglichen dann das Ausmaß der Antikörper- und T-Zell-Reaktionen vier Wochen nach der zweiten Dosis, wenn entweder mit kurzen oder verlängertem Impfabstand geimpft worden war.

Höhere Antikörperspiegel nach längerem Impfabstand

In einer Teilstudie (PITCH) der SIREN-Kohorte untersuchten sie die Immunreaktionen von 589 mit Comirnaty® geimpften Beschäftigten aus dem britischen Gesundheitswesen (Durchschnittsalter 43 Jahre, 73 Prozent weiblich). Geimpft wurden die Proband:innen zwischen dem 9. Dezember 2020 und dem 23. Mai 2021 in fünf britischen NHS-Krankenhäusern mit je zwei Dosen des Pfizer/Biontech-Impfstoffs, meist im erweiterten Dosierungsschema: 503 Proband:innen wurden im Abstand von sechs bis 14 Wochen (Median 71 Tage) geimpft, nur 86 Teilnehmer:innen hatten ein Impfintervall von zwei bis fünf Wochen (Median 24 Tage). Stark die Hälfte der Teilnehmer:innen war SARS-CoV-2-naiv (334, 57 Prozent), 43 Prozent (255) waren bereits infiziert (60 Prozent davon hatten einen positiven PCR-Nachweis im Median 8,7 Monate vor Impfung).

Die Wissenschaftler:innen fanden höhere neutralisierende Antikörpertiter bei der Kohorte mit verlängertem Impfabstand (SARS-CoV-2 naiv), wobei die Titer je nach Viursvariante um das Zwei- bis Vierfache anstiegen. Ein zweiter Assay, der speziell die Hemmung der Rezeptorbindedomäne, mit der das Spikeprotein von SARS-CoV-2 an ACE2 bindet, untersucht, zeigte ebenfalls einen deutlichen Anstieg bei verlängerter Dosierung. Das Ausmaß der antigenspezifischen B-Zell-Antwort war zehn Wochen nach der ersten Dosis bei verlängertem Dosierintervall höher als nach vier Wochen in der Kurzintervall-Kohorte, „was für eine fortgesetzte B-Zell-Entwicklung über vier Wochen nach der Erstimpfung spricht“, erklären die Wissenschaftler:innen. Vier Wochen nach einer zweiten Dosis stieg die B-Zell-Antwort in der Langintervall-Kohorte dann um das fast 7-Fache verglichen mit der Kurzintervall-Kohorte an.

T-Zell-Antwort robust

Auch die T-Zell-Antwort blieb zehn Wochen nach der Primärimpfung stabil, ohne Anzeichen eines Rückgangs, und zwar sowohl in der bereits infiziert gewesenen Kohorte wie auch in der SARS-CoV-2-naiven Kohorte. Eine zweite Impfdosis verstärkte die T-Zell-Antwort, und das vor allem in der SARS-CoV-2-naiven Kohorte. Waren die Geimpften SARS-CoV-2-naiv, entwickelten sie im langen Impfschema eine höhere Interleukin-2 ausschüttende CD4+ T-Zell-Antwort im Vergleich zum kurzen Dosierungsintervall, während die CD8+-Reaktion (Interferon gamma) geringer ausfiel.

Die Immunogenität längerer Impfschemata scheint robust zu sein und bei Antikörpermessungen besser als die herkömmlichen drei- bis vierwöchigen 
Impfschemata, erklären die Wissenschaftler:innen. „Wir haben nachgewiesen, dass T-Zellen induziert werden, die während des längeren Zeitraums zwischen den Dosen des sechs- bis 14-wöchigen Schemas aufrechterhalten werden“. Doch scheint sich das Dosierungsintervall auf den relativen Anteil der T-Zell-Untergruppen auszuwirken. Ein kurzes Dosierungsintervall biete einen frühen Schutz, während ein längeres Intervall die Spitzenwerte neutralisierender Antikörpertiter zu verbessern scheint.

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