Zur Rose plant massive Marktoffensive zum E-Rezept
Die DocMorris-Muttergesellschaft Zur Rose hat gestern einen virtuellen „Capital Market Day“ veranstaltet und dabei den internationalen Investorenvertretern sehr hochgesteckte Erwartungen in die eigene Zukunft präsentiert. Zur Rose sieht die Einführung des E-Rezepts in Deutschland als einmalige Chance, um der Arzneimittelversorgung über eine Online-Plattform zum Durchbruch und damit Zur Rose zu einer herausragenden Marktstellung zu verhelfen.
Die Veranstaltung der Zur-Rose-Gruppe richtete sich primär an Kapitalanlageorganisationen und die Finanzpresse. Doch in der Präsentation auf dem „Capital Market Day“ steckt auch eine klare Ansage an das Gesundheitssystem: Zur Rose wird die Einführung des E-Rezepts für eine massive Marktoffensive nutzen. Die eigenen Erwartungen sind offenbar riesig. Es gehe um die Positionierung in einem Markt, der in mehreren europäischen Ländern zusammen mit 146 Milliarden Schweizer Franken (knapp 134 Milliarden Euro) angesetzt wird und in dem der E-Commerce-Anteil bisher minimal und damit sehr steigerungsfähig sei. Die Zur-Rose-Gruppe sieht sich als Marktführer beim E-Commerce mit Arzneimitteln in Deutschland bestens aufgestellt, um eine Spitzenstellung zu erreichen. Das Unternehmen vergleicht sich daraufhin mit Google, Netflix, Amazon und Zalando.
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Die Einführung des E-Rezepts sei eine Gelegenheit, die sich nur „einmal im Leben“ biete. Der Anteil des gesamten Versands am Rx-Markt in Deutschland betrage zwar nur etwa 1 Prozent, aber etwa 20 Prozent am OTC-Markt. Durch das OTC-Geschäft habe DocMorris 9,8 Millionen aktive Kunden – und auf die setzt man dort offenbar besonders. Dazu wurden die Eckdaten zur Einführung des E-Rezepts in Deutschland präsentiert. Die bundesweite Einführung ist für das vierte Quartal 2021 und die verpflichtende Anwendung für Anfang 2022 vorgesehen. Anfangs erwartet Zur Rose, dass weniger als 10 Prozent der E-Rezepte über die Gematik-App übermittelt werden. Über 90 Prozent der Besteller würden einen Papierausdruck des Zugangscodes nutzen und diesen als Scan oder in anderer Weise übermitteln.
Wie wirken vielfältige Übertragungsmöglichkeiten für E-Rezept-Zugangscodes?
Dazu soll hier der Hintergrund betrachtet werden. Denn die Erwartung, die DocMorris-Deutschland-Chef Walter Hess beschrieb, unterstreicht die schon lange diskutierten Regelungslücken zum E-Rezept. Schon vor mehr als einem Jahr hatte der Vorsitzende des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, Dr. Peter Froese, beklagt, dass das E-Rezept nicht einmal so behandelt werde wie eine Busfahrkarte. Denn eine elektronische Fahrkarte gilt jeweils nur in der App des Verkehrsunternehmens. Die Zugangscodes für E-Rezepte sollen aber auch außerhalb der Gematik-App übermittelt werden können. Allerdings wird noch eine Verordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium erwartet, die dazu weitere Vorgaben enthalten kann.
Doch auch wenn den Patienten die Wahl für einen möglicherweise ungeschützten Übertragungsweg bleibt, muss das kein Vorteil für DocMorris gegenüber den Vor-Ort-Apotheken werden. Denn wenn dazu keine Vorschriften bestehen, könnten die Vor-Ort-Apotheken ebenfalls alle Übermittlungswege nutzen. Dagegen hatte DAZ.online bereits auf einen anderen vorhersehbaren Vorteil von DocMorris aufmerksam gemacht: Da das Unternehmen sowohl Versandapotheke als Plattformbetreiber sein wird, hat es gegenüber anderen Plattformen den Vorteil, den Zugangscode auslesen und das E-Rezept bearbeiten zu können.
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