Schimmelpilz-Infektion: Für viele ungefährlich, für Corona-Patienten eine tödliche Gefahr
In der Blumenerde, in der Biotonne, hinter Tapeten oder im Sessel – Aspergillus-Pilze sind beinahe überall zu finden. Auch auf Intensivstationen ist der weitverbreitete Pilz keine Seltenheit. Für die meisten Menschen sind die Schimmelpilze ungefährlich. Ist das Immunsystem aber geschwächt, dann können die eingeatmeten Sporen des Pilzes zu einer Infektion führen. Diese betrifft meist Lunge und Nasennebenhöhlen.
Es gibt Hinweise, dass Menschen, die am Coronavirus erkrankt sind, besonders anfällig für solche Pilzinfektionen sein könnten, bestimmte Medikamente das Risiko eines Aspergillus-Befalls sogar erhöhen. Und: Für Patienten, die ohnehin schon schwer an Covid-19 erkrankt sind, ist das Risiko an der Pilzinfektion zu sterben hoch.
"Long Covid"
Nach der Corona- Erkrankung war sie monatelang geschwächt: "Als würde ich durch einen Schwamm atmen"
Hohe Sterblichkeitsraten
Die "sogenannte invasive pulmonale Aspergillose gehört zu bekannten Komplikationen schwerer viraler Pneumonien", schreibt das Robert Koch-Institut (RKI). Verursacht werde sie unter anderem durch Influenza und eben auch durch Coronaviren. Es handle sich dabei um eine schwerwiegende opportunistische Infektion mit "hohen Sterblichkeitsraten von 30 bis 60 Prozent". Ähnlich wie bei anderen Superinfektionen würden auch bei Corona-Patienten solche Pilzinfektionen hauptsächlich bei intensivpflichtigen Patienten berichtet. Also bei denen, die besonders schwer an Sars-COV-2 erkrankt sind.
Als mögliche Gründe einer pulmonalen Aspergillose, also einer Pilzinfektion in der Lunge, infolge einer schweren Viruserkrankung mit akutem Lungenversagen nennt das RKI:
Ein Drittel der schwer Erkrankten betroffen?
Die Datenlage dazu, wie oft Covid-19-Patienten tatsächlich zusätzlich an einer Aspergillose erkranken, ist derzeit noch spärlich. Die Fachzeitschrift "Science" verweist auf eine Studie aus Deutschland, in der bei einem Viertel der Corona-Patienten eine Aspergillus-Infektionen nachgewiesen werden konnte. Bei einer anderen Fallserie von 27 Patienten, die mechanische beatmet werden mussten, wurde bei 33 Prozent der Erkrankten eine wahrscheinliche Aspergillose diagnostiziert. Daten aus Europa zeigten, berichtete das RKI bereits Ende vergangenen Jahres, eine hohe Rate von mutmaßlichen Pilzinfektionen von Corona- Patienten mit akutem Lungenversagen von 20 bis 35 Prozent.
Es sei nicht ungewöhnlich, dass Menschen, die an Corona erkrankt sind, auch mit anderen schädlichen Mikroben infiziert seien. Aspergillus aber könnte die tödlichste Bedrohung sein, zitiert "Science" Adilia Warris, Professorin und Direktorin des MRC Centre für medizinische Mykologie an der Universität Exeter. Warris bezieht sich auf eine aktuelle Studie mit 186 Corona-Patienten weltweit. Etwa die Hälfte der Patienten sei verstorben. Bei etwa einem Drittel der Verstorbenen wurde eine Aspergillus-Infektion festgestellt. Und eine Studie der Universität Regensburg, bei der 55 Menschen obduziert wurden, die nach einer Langzeitbehandlung an einer Corona-Infektion verstorben waren, kam zu dem Schluss, "dass klinisch unentdeckte Pilzinfektionen eine Haupttodesursache bei COVID-19-Patienten nach Langzeitbehandlung sind".
Das frühzeitige Erkennen einer solchen Pilzinfektion und Behandlung ist essentiell – allerdings gar nicht so einfach. Denn die Symptome, welche Covid-19 und auch Aspergillose verursachen, überschneiden sich. Auch eine Infektion mit dem Pilz kann Husten und Kurzatmigkeit verursachen und wird daher mitunter übersehen. Indizien für eine Pilzinfektion können laut Robert Koch-Institut mitunter fortbestehendes oder wiederkehrendes Fieber trotz Breitbandantibiotika sein, zunehmende Atemnot und Bluthusten. Das RKI weist ausdrücklich darauf hin, dass kritisch kranke Covid-19-Patienten mit einer klinischen Verschlechterung explizit auf das Vorliegen einer pulmonalen Aspergillose untersucht werden sollen. Ist das der Fall, kann die Infektion mit einem Antipilzmittel (Antimykotika) behandelt werden.
Quellen: RKI, Science
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