Freistaat Bayern optimistisch, Fachkräfte nicht – Krankenhäuser völlig überlastet

Die Corona-Pandemie verlangt besonders den Pflegefachkräften in Krankenhäusern alles ab. Während die Politiker und Verwaltungsbeamten des Freistaats Bayern Optimismus verbreiten, verspürt das betroffene Personal eine völlige Überlastung. Das geht aus einem Medienbericht hervor.

Die Corona-Krise führt in Bayern zu einem Widerspruch. Einer Umfrage des "Bayerischen Rundfunks" (BR) zufolge würden sich die Krankenhäuser des Freistaats mit Blick auf die zweite Corona-Welle gut aufgestellt sehen. Eine Meinung, die das Personal offenbar nicht im Geringsten teilt. Dort sei von Überlastung und Arbeit am Limit die Rede, ergeben die Recherchen des BR.

Arbeitgeber schmettert Beschwerde von Personal ab

Die Situation sei "jetzt schon kaum zu packen", erklärte eine Pflegefachkraft aus Oberbayern. Wohin ein Mehr an Corona-Patienten noch führen solle, wisse sie nicht. Was zumindest fest stehe: Das Virus fresse eine Menge Zeit und lasse lediglich Personal im Stress zurück. "Wenn wir sagen, wir schaffen es nicht mehr, es geht in Richtung gefährliche Pflege, dann heißt es, wir sollten uns besser organisieren", so die Fachkraft.

Der Arbeitgeber selbst habe diesen Vorwurf als "subjektiv empfundenes Gefühl" bezeichnet. Es handle sich in wenigen Fällen um ein "systematisches Problem". Doch zahlreiche Hintergrundgespräche des BR hätten die Worte der Pflegefachkraft bestätigt. Es fehle oftmals an ausreichendem Pflegepersonal, Überstunden und Doppelschichten würden sich häufen.

"Dünne" Personaldecke führt zu enormen Risiken

Siegfried Hasenbein von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft hoffe, "dass Beschäftigte bereit sind, Überstunden zu machen und auf Freizeit zu verzichten". Neben ausgeschiedenem Personal, Medizinstudenten in späteren Semestern und Hilfskräften würden demnach aber auch Schüler in die intensive Arbeit mit eingebunden.

"Die Personaldecke ist so dünn, dass bei uns Hilfskräfte und Schüler als Vollzeitpflegekraft mit eingerechnet werden", erklärten Pflegekräfte aus Unterfranken. Das Risiko von mangelnder Patientenversorgung, Pflegefehlern und einer höheren Sterblichkeit sei enorm. Das Krankenhaus selbst habe diese Vorwürfe jedoch von sich gewiesen.

Mangelnde Corona-Tests und Arbeit trotz Infektion

Einheitliche Corona-Testungen für die Beschäftigten gebe es zudem auch nicht. Die Krankenhäuser würden über die genauen Verfahren entscheiden. Offenbar komme es dabei aber zu Testlücken: "Personal wird nur getestet, wenn das Gesundheitsamt es anordnet", hieß es, oder: "Wer Schutzkleidung anhatte beim Kontakt mit Covid-Positiven, wird nicht getestet."

Den Angaben einer Uniklinik zufolge werde dort auch positiv getestetes Personal weiterhin eingesetzt. Dies sei laut der Bayerischen Krankenhausgesellschaft jedoch eine "Ausnahme". "Mündlich kam dann die Ansage, man soll weiterarbeiten, auch wenn man positiv getestet wurde und keine Symptomatik hat. Man soll nur eine FFP2-Maske tragen. Das ist absolut unverantwortlich", hielt eine Pflegefachkraft entgegen.

"Die Priorität ist, keine von uns darf ausfallen. Es ist nicht gewünscht. Sind unsere Leben weniger wert?", fragte eine andere Fachkraft. Professor Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung in Köln zeigte sich besorgt: "Das ist das Verheizen einer Berufsgruppe, wie ich es in Deutschland noch nie erlebt habe."

Krankenhäuser gehen "in die Knie"

Übervolle OP-Pläne würden ohne Pause abgearbeitet, Patienten auf den Fluren "zwischengelagert" werden. Ein regelrechter "Patientenansturm", der laut Manfred Wagner, dem ärztlicher Direktor am Klinikum Fürth, "extrem gefährlich" sei. "Die Krankenhäuser fahren fast Volllast und beginnen jetzt gerade nach und nach in die Knie zu gehen und in der Überlastungssituation zu reagieren", so Wagner.

Indes plane die Bayerische Krankenhausgesellschaft wieder die vermehrte Schließung diverser Stationen, planbare Eingriffe sollen zunächst verschoben werden. Falls durch die Corona-Pandemie Betten leer stehen würden, könnten gestaffelte Pauschalen beantragt werden. Doch laut BR-Umfrage seien für viele Krankenhäuser die Defizite aus dem Frühjahr noch immer nicht überwunden.

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