„Gerechtigkeit geht anders“

Sylvia Trautmann aus Dresden hat die Insolvenz des Apothekenrechenzentrums AvP voll erwischt. Niemand kann der Apothekeninhaberin sagen, wie lange sie auf die Rezeptumsätze des Monats August verzichten muss, die auf den Konten des Rechenzentrums eingefroren liegen. Sie fordert einen staatlichen Rettungsfonds, der die AvP-bedingten Zahlungsverluste ausgleicht – und zwar zinslos. Neben der Bundespolitik sieht sie die Apothekerverbände in der Pflicht.

Die Insolvenz des privaten Apothekenrechenzentrums AvP ist seit gestrigem Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestags angekommen. Vor Fachpolitikern und Vertretern der ABDA gaben der vorläufige Insolvenzverwalter 
Dr. Jan-Philipp Hoos sowie der von der Bankenaufsicht BaFin eingesetzte AvP-Geschäftsleiter Ralf R. Bauer interessante Einblicke in die Geschäftsabläufe und Kontenstruktur des angeschlagenen Rechenzentrums. So soll ein Missmanagement über Jahre hinweg zu einem Defizit in der Kasse von AvP geführt haben. 

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Die im Vergleich zu anderen Anbietern signifikant niedrigeren Gebühren und weitere, unverhältnismäßige Ausgaben sowie Entnahmen hätten das Unternehmen immer stärker ins Wanken gebracht, bis Anfang September dann schließlich die Bankenaufsicht BaFin das Factoring-Institut unter die Lupe nahm. Durch den Insolvenzantrag sind nun die Konten von AvP eingefroren. Apotheken werden auf die fehlenden Rezeptumsätze womöglich Jahre warten müssen. Unklar bleibt jedoch, in welcher Höhe dann überhaupt Zahlungen aus der Insolvenzmasse stattfinden werden.

Trautmann: KfW-Kredite sind der falsche Weg

Das Bundesfinanzministerium berichtete dem Gesundheitsausschuss gestern, dass Schnellkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit günstigen Zinskonditionen den betroffenen Betrieben ab sofort zur Verfügung stehen sollen. Für Sylvia Trautmann, Apothekeninhaberin aus Dresden, ist dies allerdings der falsche Weg. „Zinsgünstige Kredite oder Zahlungsaufschübe helfen betroffenen Apotheken langfristig nicht weiter, weil sie die Liquiditätsengpässe nicht beheben werden“, so Trautmann gegenüber DAZ.online.

Die Inhaberin betont, dass die Apotheker unverschuldet in diese Katastrophe geraten sind: „Ich bin keinesfalls damit einverstanden, dass ich mit meinem Privatvermögen für ein Finanzverbrechen haften soll, welches durch Gesetzgebung und staatliche Kontrolle hätte verhindert werden können.“ Sie sieht eine Kausalkette von staatlichem Versagen und unseriösem, verantwortungslosem Handeln der AvP-Unternehmensführung als Ursache für das Desaster. Dass die betroffenen Betriebe nun in der eigenen Notlage Kredite aufnehmen sollen, findet Trautmann unangebracht: „Gerechtigkeit geht anders!“

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