New Yorker Studie zeigt überraschenden größten Risikofaktor für schwere Covid-19-Erkrankung

Das Coronavirus gefährdet vor allem das Leben von alten Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen. Doch welche Vorerkrankung wirkt sich besonders schwer aus? Eine Studie aus den USA zeigt: Es ist die Fettleibigkeit.

Menschen mit Vorerkrankungen haben ein besonders hohes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19. Deshalb schotten sich weltweit Menschen mit Diabetes, Herz- und Lungenkrankheiten oder auch Asthmatiker und Raucher ab, um nicht an dem Virus zu erkranken. Doch eine Untersuchung des Langone Medical Center an der New York University zeigt: Das größte Risiko haben Menschen mit Übergewicht.

Die "Welt" zitiert den Internisten Christopher Petrilli, der mit seinen Kollegen die Studie erstellt hat: "Das war ein ziemlich überraschendes Ergebnis für uns". Denn nicht nur in Kombination mit einer schwerwiegenden Vorerkrankung sei Fettleibigkeit ein Risikofaktor. Auch alleine betrachtet sei Fettleibigkeit "bedeutend". Adipositas sei "in einem substanziell höheren Risikoverhäötnis als jede Lungen- oder Herz-Kreislauf-Erkrankung", zitiert die "Welt" aus der Studie.

Was bedeutetet Fettleibigkeit? Ab einem Body Mass Index (BMI) von 25 spricht man von Übergewicht. Ab einem BMI von 30 gilt jemand als adipös.

Wie berechnet sich der BMI? Gewicht eines Menschen in Kilogramm / die Körpergröße in Metern zum Quadrat.

Wie bemisst sich in der Studie ein schwerer Krankheitsverlauf? Menschen, die auf der Intensivstation betreut oder sogar beatmet werden müssen.

Zwei wichtige Studienergebnisse aus New York

4100 Patienten haben die Forscher zwischen dem 1. März und 1. April für die New Yorker Studie herangezogen. Die Studie wird weiter verfeinert, so Petrilli gegenüber der "Welt". Die bisher wichtigsten Ergebnisse:

1. Ergebnis: Rund 40 Prozent der stationär aufgenommenen Patienten seien adipös gewesen, heißt es. Wiederum 50 Prozent dieser Patienten hätte beatmet werden müssen.

2. Ergebnis: Fettleibige unter 60 Jahren, die an Corona erkranken, müssen doppelt so häufig ins Krankenhaus und auch doppelt so häufig intensivmedizinisch betreut werden wie normalgewichtige in ihrem Alter. Diese Zahlen sind höher als bei der Gruppe der Über-60-Jährigen. 

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Ähnliche Studienergebnisse aus anderen Ländern

Auch in anderen Teilen der Welt forschten schon Wissenschaftler an einem Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und schweren Covid-19-Verläufen.

1. Ergebnis: Mediziner aus Wuhan veröffentlichten eine Analyse, wonach mehr als 88 Prozent der Corona-Toten einen BMI von mehr als 25 hatten.

2. Ergebnis: Forscher aus Lille kamen zu dem Resultat, dass mehr als 75 Prozent der Patienten auf der Intensivstation fettleibig bis schwer fettleibig sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient beatmet werden muss, stieg dabei mit dem BMI.

Warum sind übergewichtige Menschen besonders gefährdet? Wie die "Welt" schreibt, gibt es zwei Erklärungsansätze. Zum einen sind adipöse Menschen besonders anfällig sind für Infektionskrankheiten. Zudem setzt das Fettgewebe Sekrete ab, die quasi für eine Dauer-Entzündung im Körper sorgen. Treffen die Covid-19-Erreger nun auf diese Entzündungsherde, macht dies eine besonders schwere Entzündung wahrscheinlich, so Internist Petrilli. Die Folge ist der inzwischen bekannte Cytokinsturm – eine Überreaktion des Immunsystems.

Lesen Sie hier alles Wichtige zum Cytokinsturm und der Gefahr für Corona-Patienten.

Alters als Risikofaktor – aktuelle Erkenntnisse

"Das Risiko, schwer zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter, beginnend ab etwa 40 Jahren", erklärt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und stuft Menschen über 60 Jahren – neben chronisch Kranken – als Risikogruppe ein. Die seit Beginn der Pandemie erhobenen Daten stützen diese Einschätzung. 

Laut einer Studie, die Ende März in der Fachzeitschrift "The Lancet" erschien, lag die Sterblichkeitsrate bei chinesischen Patienten in der Altersgruppe 60 bis 69 Jahren bei vier Prozent – im Vergleich zu 1,4 Prozent bei der Gesamtheit der Patienten. Bei den 70- bis 79-Jährigen stieg die Sterblichkeit auf 8,6 Prozent, bei den Erkrankten über 80 Jahren auf 13,4 Prozent.

Auch der Anteil der Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, nimmt laut der Studie mit dem Alter stark zu. Sind es bei Menschen zwischen 40 und 49 Jahren etwa vier von hundert, steigt der Anteil bei den über 80-Jährigen auf 18,4 Prozent. Besonders hoch ist die Sterblichkeit in vielen Ländern in Altersheimen mit pflegebedürftigen Senioren.

Die wichtigsten Erkenntnisse zu Risikofaktoren

Die Anzahl der Lebensjahre allein ist aber nicht entscheidend für das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken. Einige gesundheitliche Probleme treten zwar mit zunehmendem Alter häufiger auf, wie die Nationale Akademie für Medizin in Frankreich erklärt. Entscheidend sei jedoch das biologische Alter. Eine sportliche 90-Jährige ist weniger gefährdet als jemand mit 70 Jahren im Pflegeheim.

Dass vieles an der neuen Krankheit noch unbekannt ist, macht es schwierig, Risikogruppen genau zu definieren. "Es ist im Moment sehr schwer vorauszusagen, welche Patienten schwere Verläufe haben", sagt die Infektiologin Florence Ader. 

Herz- und Lungenkrankheiten, Diabetes, Fettleibigkeit, aber auch die Ernährung sowie die psychische und geistige Verfassung spielten generell bei der Krankheitsanfälligkeit von älteren Menschen eine Rolle, sagt Olivier Guérin, Präsident der französischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie. Welche dieser Faktoren jedoch entscheidend für die Reaktion auf das Coronavirus sind, sei im Moment noch unklar.

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