Was kostet die Menstruation?

Es sind eigentlich nur Kleinigkeiten, meist hat frau sie sowieso im Haus. Sie werden mitgekauft wie Äpfel, Shampoo und Klopapier. Und trotzdem: Tampons, Binden, Einlagen kosten Geld. Es sind vielleicht keine großen Summen, doch es sind Kosten, die nur Menschen mit Menstruation haben. Also vor allem Frauen, aber auch Transmänner. Und sie können sich häufen.

Vor einigen Wochen sorgte die britische Abgeordnete Danielle Rowly für Aufregung, als sie im Parlament sagte: „Ich habe meine Periode. Und das hat mich diese Woche schon 25 Pfund gekostet.“ Sie zitierte eine Umfrage, der zufolge britische Frauen jährlich 550 Euro (im Schnitt 20.500 Euro im Leben) für ihre Periode ausgeben.

Die Berechnung berücksichtigte nicht nur die Kosten von Hygieneprodukten wie Tampons, Binden, Einlagen und Menstruationstassen. Sie bezog auch viele Dinge mit ein, von denen die Frauen sagten, dass sie sie während oder wegen der Periode bräuchten: Schmerztabletten, Schokolade, Chips, Zeitschriften und neue Unterwäsche zum Beispiel. Eine ähnliche Schätzung der Huffington Post kommt auf 15.500 Euro, die eine durchschnittliche Amerikanerin in ihrem Leben wegen der Periode ausgibt.

Was kostet die Periode wirklich?

Für Deutschland gibt es keine Erhebungen zu den Kosten der Menstruation. Bekannt ist aber, dass mehr als die Hälfte der Frauen in Deutschland Tampons benutzt. Das ergab eine Marktforschungsstudie für 2017.

Ein Rechenbeispiel: Eine große Packung mit 64 Tampons einer beliebten Marke kostet im Drogeriemarkt etwa 4,75 Euro. Tampons sollten laut Hersteller etwa alle sechs Stunden gewechselt werden, das macht also vier Tampons pro Tag, bei durchschnittlich fünf Tagen Blutung sind das 20 Tampons pro Zyklus. Bei durchschnittlich 456 Perioden zwischen 13 und 51 Jahren braucht frau im Leben demnach 9.120 Tampons. Das entspricht 143 Packungen, die heute etwa 677 Euro kosten würden. Nicht mitgerechnet: Die vielen Tampons, die in Handtaschen und unterwegs verloren gehen.

Bei Binden und Slipeinlagen ist die Preisspanne ähnlich wie bei Tampons. Die noch relativ neuen Menstruationstassen sind mit zehn bis 15 Euro im Einzelverkauf zwar teurer, können aber immer wieder benutzt werden. Hersteller sprechen sogar von fünf bis zehn Jahren Lebensdauer. Damit wären sie auf Dauer deutlich günstiger als wegwerfbare Hygieneprodukte.

Für ein Viertel der Frauen in Deutschland kommen regelmäßig noch Schmerzmittel dazu. Eine Packung mit 20 Tabletten kostet zwischen vier und zehn Euro – je nach Marke und Inhaltsstoff. Nur für das Nötigste – Hygieneprodukte und Schmerzmittel – dürften die meisten Frauen in Deutschland also mit höchstens fünf Euro pro Periode auskommen. Da die Periode aber für jede Frau anders ist, kann der persönliche Wert auch deutlich darüber oder darunter liegen. Denn einige haben sehr starke Schmerzen und Blutungen, andere merken kaum etwas von ihrer Menstruation.

„Das ist schon sehr wesentlich“

Fünf Euro klingen nicht nach besonders viel. Trotzdem kämpfen Feministinnen dafür, diese Kosten zu senken. „Für eine Studentin oder für jemanden, der gerade seine Ausbildung angefangen hat, ist das etwas anderes als für eine berufstätige Frau. Ganz zu schweigen von Personen, die vielleicht keinen Wohnsitz haben“, sagt Theresa Lehmann, die sich als Aktivistin mit dem Thema Menstruation beschäftigt. „Man könnte Frauen da entgegenkommen. Gerade wenn man bedenkt, dass sie in den meisten Fällen weniger verdienen.“

Theresa Lehmann

Eine Studie der Kinderhilfsorganisation Plan stellte 2017 fest, dass eines von zehn Mädchen in Großbritannien sich keine Hygieneprodukte leisten konnte. Fast die Hälfte hatte wegen ihrer Monatsblutung auch schon Unterricht verpasst. „Zugang zu Hygieneprodukten ist erst mal die Voraussetzung, um am öffentlichen Leben teilzunehmen“, sagt Lehmann. „Das ist schon sehr wesentlich.“

„Bluten ist kein Luxus!“

Der Hartz-IV-Regelsatz sieht für „Gesundheitspflege“ 15,55 Euro im Monat vor. Zahnpasta, Allergietabletten, Arztbesuche – all das soll davon bezahlt werden. Da fällt auch eine günstige Packung Tampons für zwei Euro ins Gewicht. SPD-Politikerin Nanna-Josephine Roloff hat deshalb mit einer Parteifreundin eine Petition gestartet, in der sie fordern, die Mehrwertsteuer auf Hygieneprodukte zu senken. Bis jetzt haben mehr als 80.000 Menschen unterschrieben.

Nanna-Josephie Roloff und Yasemin Kotra

Momentan kommen auf Tampons, Binden, Slipeinlagen und Menstruationstassen die üblichen 19 Prozent Mehrwertsteuer. Feministinnen fordern, das zu ändern und sie mit dem vergünstigten Satz von sieben Prozent zu besteuern – wie etwa Lebensmittel, Tierfutter und Bücher. Die große Packung Markentampons wäre dann 48 Cent günstiger. „Diese 19 Prozent gelten als Luxussteuer“, sagt Roloff. „Aber wieso ist Bluten denn Luxus? Es ist etwas, was Frauen zur Frau macht. Das ist eine fiskale Diskriminierung, die beseitigt gehört.“

Viele Länder sind diesen Weg bereits gegangen und haben die sogenannte Tampon Tax abgeschafft. In Kenia, Kanada, Irland und neuerdings auch in Indien werden Frauenhygieneartikel komplett steuerfrei verkauft. Andere Länder, wie Frankreich und Großbritannien, haben die Steuer deutlich gesenkt.

Und Deutschland? Auf Anfrage teilt das Finanzministerium mit: Eine ermäßigte Besteuerung von Frauenhygieneprodukten sei „zulässig, aber nicht zwingend“. Der Gesetzgeber habe entschieden, von der Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen. Es komme für die Einordnung in einen Steuersatz generell auch nicht darauf an, ob ein Gegenstand Luxusware sei.

Sind Tampons luxuriöser als Kaviar?

Tatsächlich fallen einige Produkte unter den ermäßigten Steuersatz, die man als Luxus betrachten könnte: Gemälde, Sammelmünzen, Schnittblumen, Kaviar. Doch eine Überarbeitung „würde einen breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens erfordern, der zumindest zurzeit nicht ersichtlich ist“, so das Ministerium.

Genau diesen Konsens versucht Nanna Roloff herbeizuführen. Ihre Petition ist symbolisch. Doch sie und ihre Mitstreiterin wollen das Thema in der SPD platzieren und in die Regierung tragen. Die Jusos haben sie bereits überzeugt. Aus dem Ministerium von Olaf Scholz (SPD) heißt es jedoch, der ermäßigte Steuersatz sei ohnehin „kein geeignetes Mittel, eine dauerhafte Entlastung der Betroffenen zu erreichen“. Es könne nicht sichergestellt werden, dass Unternehmen den geringeren Steuersatz tatsächlich weitergäben.

Ein Argument, das Roloff nicht versteht. „Da ruht sich das Finanzamt auf dem freien Markt aus. Das ist eine kapitalistische Denkweise, die einfach eine Frechheit ist für ein sozialdemokratisch geleitetes Ministerium.“ Das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – ebenfalls in Hand der SPD – äußert sich erst gar nicht zu der Frage.

„Es ist einfach eine Frage der Perspektive und die ist in der deutschen Politik einfach noch sehr männlich dominiert“, sagt Aktivistin Lehmann.

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