Tausende Hitzetote drohen: Worauf du bei Extrem-Temperaturen verzichten solltest

Vor allem für ältere Menschen sind Hitzewellen ein tödliches Risiko. Aber auch einem gesunden Körper können extrem hohe Temperaturen zu schaffen machen. FOCUS Online erklärt, worauf Sie jetzt achten sollten.

Überall in Europa hat die Hitze verheerende Folgen für Mensch und Umwelt. Am Freitag erlitt in der Nähe von Rennes im Westen Frankreichs ein 33-jähriger Dachdecker einen tödlichen Schwächeanfall, als er auf einem Dach bei 35 Grad im Schatten seiner Arbeit nachging. In Italien starb ein 60-jähriger Gerüstbauer, der einen Tag zuvor in Rimini während der Arbeit zusammengebrochen war.

Im südspanischen Andalusien erlitt am Donnerstag ein 17-jähriger Erntehelfer einen tödlichen Hitzschlag, in der Stadt Valladolid im Norden Spanien brach ein 93-jähriger Mann ebenfalls nach einem Hitzschlag auf der Straße tot zusammen. Bereits am Donnerstag war ein 72-jähriger Obdachloser in der italienischen Stadt Mailand gestorben.

In Deutschland wurden bislang noch keine Hitzetote vermeldet, trotzdem leiden auch hierzulande die Menschen unter den extrem hohen Temperaturen. Beim Ironman in Frankfurt war die US-amerikanische Läuferin Sarah True auf dem letzten Kilometer kollabiert. In Hamburg landeten 24 Läufer im Krankenhaus – sie hatten bei brütender Hitze an einem Halbmarathon teilgenommen.

Wie Hitze dem Körper schadet

Hitze belastet das Herz-Kreislauf-System, denn der Körper muss die eigene Temperatur konstant halten. Gar nicht so einfach bei Außentemperaturen, die in Deutschland in diesen Tagen sogar die 40-Grad-Marke erreichen. Das belastet nicht nur alte und kranke Menschen, sondern kann auch bei vermeintlich Fitten Beschwerden verursachen.

Bei mehreren Krankheiten verschlimmern sich die Symptome bei hohen Temperaturen, dazu zählen etwa Erkrankungen der Atemwege. Denn mit den Temperaturen steigen auch die Ozonwerte, was besonders Asthmatiker zu spüren bekommen.

Die Gründe für einen Hitzetod lägen meist in einer fehlenden Anpassungsfähigkeit des Körpers, sagt Charité-Arzt Christian Witt kürzlich dem "Tagesspiegel". "Ältere Menschen können sich nicht mehr so gut an Wärme und Extremwetterlagen adaptieren wie junge Leute."

Mehr als 6000 Hitzetote in den Sommern 2006 und 2015

Mit geschätzt 7600 Toten sei die Hitzewelle 2003 die folgenschwerste im Zeitraum 2001 bis 2015 gewesen, berichteten kürzlich Wissenschaftler im "Bundesgesundheitsblatt". Für den Sommer 2018 liegen noch keine bundesweiten Auswertungen vor – allein für Berlin gehen Experten aber von etwa 490 Todesfällen aus.

In den Hitze-Sommern 2006 und 2015 starben den Berechnungen zufolge im ganzen Land rund 6200 beziehungsweise 6100 Menschen aus dem Grund. Mitautor Matthias an der Heiden vom Robert Koch-Institut in Berlin sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Man sieht, dass vor allem in den Altersgruppen 75 bis 84 und über 85 Jahren ein besonderes Risiko besteht." Mit einer aktuellen Zunahme der Todesfälle in Deutschland wegen der Juni-Hitze sei zu rechnen.

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Gefährlich wird es bei anhaltender Hitze

Einzelne heiße Tage stellen den Analysen der Wissenschaftler zufolge weniger ein tödliches Risiko dar – gefährlich werde es ab mehreren Hitzetagen in Folge, erläutert an der Heiden. Ab Wochenmitteltemperaturen von 20 Grad, Tages- und Nachtwerte einberechnet, würden systematisch mehr Todesfälle beobachtet.

Derart warme Wochen seien in den vergangenen Jahrzehnten deutlich häufiger beobachtet worden, heißt es in der Studie. Der Trend werde sich vermutlich im Zuge der Klimaerwärmung fortsetzen "und eventuell noch verschärfen".

Hände kühlen, Wasser bringen – so können Sie helfen

Mit länger andauernder Hitze werde es immer schwieriger, sich zum Schutz vor der Hitze in Gebäude zurückzuziehen, weil diese sich zunehmend aufheizen, sagte an der Heiden. "Gerade Menschen, die nicht so flexibel sind, zum Beispiel bettlägerig – die sind teils noch stärker gefährdet."

Wichtig sei, dass nicht mehr handlungsfähige Menschen genug Unterstützung bekämen: Dass man ihnen Getränke bringt oder für Erfrischung sorgt, indem man Hände oder Füße in kühles Wasser legt, so der Wissenschaftler. Zu den Empfehlungen zählten auch vermeintlich naheliegende Dinge wie ausreichendes Trinken.

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Darauf sollten Sie bei extremer Hitze verzichten

Nicht nur ältere Menschen leiden unter der Hitze, auch Jüngere werden bei Temperaturen über 30 Grad von Kreislaufproblemen geplagt, vor allem wenn sie zu wenig getrunken haben. Fünf Dinge sollten Sie egal welchen Alters meiden, um die heiße Phase gut zu überstehen:

1. Schwer verdauliche Kost

Der Körper ändert bei Hitze den Blutfluss, um die Wärme besser abzuleiten. Die Haut wird dann stärker durchblutet, andere Organe – wie der Magen-Darm-Trakt – dagegen weniger. Schonen Sie daher an besonders heißen Tagen Ihren Verdauungstrakt, indem Sie nur leicht verdauliche Kost zu sich nehmen, etwa Suppen, Säfte, Gemüse oder grüne Salate.

2. Klimaanlage bis zur letzten Sekunde auskosten

Starke Temperaturwechsel können Schwindel und Kopfschmerzen verursachen. Wer im klimatisierten Auto unterwegs ist, sollte kurz vor dem Ziel die Kühlung ausschalten, um den Körper langsam an die Außentemperatur zu gewöhnen.

3. Besorgungen in der Mittagszeit

Senioren und geschwächte Menschen sollten sich an heißen Tagen vorwiegend drinnen aufhalten. Falls Sie einen Einkauf oder andere Besorgungen erledigen müssen, verschieben Sie diese in die Abendstunden. Dann sinken die Temperaturen und auch die Ozonwerte. Darauf sollten auch Asthmatiker achten.

4. Sport im Freien zwischen 10 und 19 Uhr

Wer draußen trainiert, sollte das an besonders heißen Tagen am besten morgens oder abends tun. Im Laufe des Tages steigen die Temperaturen und die Ozonwerte. Um den Körper nicht zu sehr anzustrengen, steigen Sie vom Joggen lieber auf Walking oder Radfahren um – und vergessen Sie nicht die Wasserflasche. Atmungsaktive Sportbekleidung lässt den Schweiß schneller verdunsten und kühlt so die Haut.

5. Stark duftende Parfums

Parfums mit einem starken Geruch können an heißen Tagen Kopfschmerzen auslösen. Duftstoffe lösen sich bei Wärme schneller als bei Kälte. Bei geruchsempfindlichen Menschen kann das zu Beschwerden führen. Verwenden Sie lieber geruchsneutrale Deos.

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Sterbezahlen nur geschätzt

Wieso lässt sich die Zahl der Hitzetoten nicht genau angeben, sondern nur schätzen? Wie Matthias an der Heiden erklärt, können Ärzte zwar Hitze als Todesursache angeben, tatsächlich werde das aber nur sehr selten gemacht. Die Wissenschaftler analysieren deshalb die Sterbezahlen mit Blick auf Tage, an denen deutlich mehr Menschen sterben als üblich. Mittels eines mathematischen Modells suchen sie systematisch nach Zusammenhängen zwischen hohen Temperaturen und erhöhten Sterbezahlen.

Wie es im "Bundesgesundheitsblatt" heißt, traten sechs der elf extremsten Hitzewellen im Zeitraum 1950 bis 2015 nach dem Jahr 2000 auf. Eine einheitliche Definition, ab welcher Dauer von einer Hitzewelle gesprochen wird, gebe es nicht. Um die Schwere zu beurteilen, gälten hitzebedingte Todesfälle als wichtige Größe.

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