GroKo prüft Masern-Impfzwang – warum wir keine Impfpflicht brauchen

Zu wenig Deutsche lassen sich impfen. Die Folge: bereits 170 Masernfälle in Deutschland in diesem Jahr. Um der Impfmüdigkeit der Deutschen zu begegnen, ist eine gesetzliche Pflicht allerdings der falsche Weg, sagt die Gesundheitsexpertin der Grünen.

Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche plädiert dafür, dass Eltern ihre Kinder impfen lassen, ist aber gegen einen Impfzwang. Für FOCUS Online kommentiert sie die gängigen Thesen der Impfpflicht-Gegner.

  • FOCUS Online hat auch mit einem Befürworter der Impfpflicht gesprochen. Hier lesen Sie seine Argumente.

These 1: Masern ausrotten – das geht auch mit gezielter Aufklärung.

Um die Impfmüdigkeit der Deutschen zu bekämpfen, braucht es keine gesetzlichen Vorgaben, meint Kordula Schulz-Asche. Das gelinge auch mit guten, gezielten Kampagnen. Bisher würden entsprechende Aktionen allerdings eine wichtige Bevölkerungsgruppe vernachlässigen: Nicht nur vielen Kindern fehle ein ausreichender Masernschutz, sondern auch den meisten 18- bis 44-Jährigen. Von ihnen seien nur rund 40 Prozent gegen Masern geimpft.

"Diese Gruppe ist völlig aus unserem Blick geraten", kritisiert Schulz-Asche. Besonders Männer dieser Altersgruppe seien selten beim Arzt, müssten daher in anderen Lebensbereichen informiert werden, etwa am Arbeitsplatz durch das betriebliche Gesundheitsmanagement oder mit entsprechenden Faltblättern.

Werde diese Bevölkerungsgruppe ausreichend aufgeklärt, sei eine gesetzliche Impfpflicht überflüssig.

These 2: Damit Eltern keine Impftermine mehr versäumen, braucht es keine Gesetze, sondern besseren Zugang zu Impfungen.

Aktuell haben bereits 97 Prozent der Kleinkinder eine erste Schutzimpfung. Das Problem: Die wichtige Zweitimpfung, die vier Wochen später folgt, bekommen deutlich weniger Kinder.

Das zeigt eine generelle Grundbereitschaft zum Impfen in der Bevölkerung, betont Kordula Schulz-Asche. Sie ist davon überzeugt, dass Eltern ihre Kinder auch ohne Zwang zu einem zweiten Arzttermin bringen würden, wenn "sie einen leichteren Zugang zu Impfungen hätten". Lange Wartezeiten beim Arzt könnten etwa Eltern abschrecken, die Kind und Beruf unter einen Hut bringen müssen.

Schulz-Asche fordert: "Impfungen sollten auch im Gesundheitsamt durchgeführt werden können und nicht nur beim Arzt, wo die Wartezeiten entsprechend lang sind. Denkbar wäre auch, dass Apotheker nach einer entsprechenden Schulung Impfungen übernehmen können."

These 3: Die Impfpflicht untergräbt das Recht auf Selbstbestimmung.

Mein Körper gehört mir, sagen Impfgegner. Sie wollen selbst entscheiden, ob sie sich mit einer Impfung den potenziellen Risiken aussetzen wollen, die mit einer Impfung einhergehen – etwa Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle oder Fieber, das in manchen Fällen nach dem Impfen auftreten kann.

In extrem seltenen Fällen können Impfungen auch schwere Nebenwirkungen verursachen, etwa eine Erkrankung des Nervensystems oder eine allergische Reaktion. Das Risiko eines mangelnden Impfschutzes ist zwar wesentlich höher als das Risiko von dauerhaften Schäden, trotzdem wollen Gegner der Impfpflicht die Entscheidung, dieses wenn auch sehr geringe Risiko einzugehen, selbst treffen.

Schulz-Asche warnt jedoch: "In vielen Bereichen bin ich für Selbstbestimmung. Aber bei Infektionskrankheiten müssen wir den Erhalt der öffentlichen Gesundheit regeln." Zur Not gehe das eben auf Kosten der Selbstbestimmung des Einzelnen. Keine Besonderheit in einer modernen Gesellschaft, in der die Freiheit einer Person zum Wohl der Gemeinschaft durch diverse Gesetze eingeschränkt ist – etwa die "Freiheit", mit 200 km/h durch die Stadt zu fahren.

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