500.000 Deutsche leiden an einer tödlichen Krankheit – kaum einer weiß es

Wissen Sie, woran Albert Einstein gestorben ist? An einer geplatzten Baucharterie. Das sogenannte Bauchaortenaneurysma ist nicht nur schwer auszusprechen, es ist auch kaum bekannt. Dabei leiden rund fünf Prozent aller Männer über 65 Jahren und zwei Prozent aller Frauen daran.

Das Fatale an dem potentiell tödlichen Bauchaortenaneurysma: In neun von zehn Fällen verursacht es keine Beschwerden. So wissen die meisten gar nicht, dass Sie betroffen sind. In England heißt die Krankheit daher offiziell „the silent killer“, also „der stille Mörder“, erklärt Herribert Lösel-Sadée, Chefarzt für Gefäßchirurgie am Sana Krankenhaus Gerresheim.

Er vermutet, dass von 500.000 Betroffenen in Deutschland etwa 100.000 an einem behandlungsbedürftigen Bauchaortenaneurysma leiden. Bei ihnen ist die Hauptschlagader im Bauch auf einen Durchmesser von mehr als fünf Zentimetern angeschwollen und droht zu platzen. Eine Operation ist dringend nötig. Allerdings werden nur 15 Prozent aller Patienten früh genug behandelt.

Check beim Hausarzt

Mit einer Ultraschalluntersuchung können Ärzte eine vergrößerte Bauchaorta erkennen. Seit dem 1. Januar 2018 haben gesetzlich krankenversicherte Männer ab 65 Jahren Anspruch auf ein Ultraschallscreening zur Früherkennung von Bauchaortenaneurysmen. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten.

Die neue Regelung könnte verhindern, dass Ärzte die Krankheit nicht mehr nur zufällig entdecken, etwa wenn sie einen Patienten wegen Gallensteinen behandeln. Obwohl die Krankheit bei Männern häufiger ist als bei Frauen, empfiehlt Lösel-Sadée allen Menschen über 65, regelmäßig einen Ultraschall des Bauchraums machen zu lassen.

Stutzig sollten Ärzte generell auch bei Patienten werden, die an Übergewicht und Diabetes leiden, regelmäßig rauchen und seit kurzem über Rückenschmerzen klagen, die in den Bauchraum ausstrahlen.

Ein solcher Patient erfüllt das Risikoprofil für ein Bauchaortenaneurysma und beschreibt zudem den Schmerz, der entstehen kann, wenn die vergrößerte Aorta auf das Bauchfell drückt.

Risikofaktoren für ein Bauchaortenaneurysma sind

  • Übergewicht
  • Diabetes
  • Rauchen
  • Bluthochdruck

All diese Faktoren schaden den Gefäßen. Zunehmende Ablagerungen verengen die Gefäße, die Wände weiten sich, werden dünner und instabiler. Brechen sie, kommt es zu lebensbedrohlichen inneren Blutungen.

Möglicherweise sei die Erkrankung auch genetisch bedingt, meint Lösel-Sadée. Dass wesentlich mehr Männer als Frauen betroffen sind, erklärt er mit dem tendenziell ungesünderen Lebensstil von Männern.

Kleiner Eingriff mit künstlichem Blutgefäß

Erkennt der Arzt bei einem Ultraschall eine vergrößerte Bauchaorta, kann er sich im nächsten Schritt mit einer Computertomographie ein genaues Bild der veränderten Form verschaffen.

Bei der traditionellen Operation öffnet der Chirurg den Bauchraum und ersetzt die Bauchschlagader mit einer Kunststoffprothese. Hierfür klemmt er die Gefäße über und unter der geweiteten Stelle ab, öffnet das Aneurysma und näht die Prothese ein.

Eine Behandlung ist heutzutage aber auch möglich, ohne die komplette Bauchhöhle zu öffnen. Mithilfe des sogenannten endovaskulären Stentgraft bleibt nach dem Eingriff nur eine kleine Wunde zurück, erklärt Lösel-Sadée. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus einem stabilisierenden Drahtgeflecht und einem Blutgefäß aus Kunststoff. Patienten seien bereits zwei bis sieben Tagen nach der Operation wieder fit.

Im Rahmen einer Studie dokumentierte Lösel-Sadée die Entwicklung von 144 Patienten nach der Stentgraft-Operation. Die Untersuchung erschien 2015 im Magazin „The Italian Journal of Vascular and Endovascular Surgery“ und bestätigte den Nutzen dieser OP-Methode. Während der Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren kam es zu keiner Ruptur des Aorten-Aneurysmas. Es war keine zweite Operation nötig.

Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag wurde am 18. September 2018 überarbeitet und enthält nun den Hinweis, dass das Ultraschallscreening zur Früherkennung von Bauchaoertenaneurysmen mittlerweile für Männer über 65 Jahren von den Krankenkassen bezahlt wird.

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